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# taz.de -- "OvalDNA" von Markus Popp: Die nächste Stufe des Dialogs
> Der Musiker und Softwaredesigner Markus Popp alias Oval stellt sein Werk
> samt Klangarchiv und Musiksoftware zur Verfügung: ohne DRM und ohne
> Copyright.
Bild: Vom Produzenten zum Software-Designer: Markus Popp alias Oval.
Das riesige Digitalarchiv im Netz sorgt für eine neue Form von kreativer
Öffentlichkeit für Musik. Ihre immense Verfügbarkeit hat zu einer
verstärkten Recycling-Praxis geführt, die sich in Remixen und Edits aller
Art äußert.
Manche Musiker nutzen das zu Werbezwecken und rufen mit ihren Songs gar zu
Remix-Wettbewerben auf. Auch Markus Popp gibt die Musik seines Projekts
Oval jetzt zum Bearbeiten frei. Statt seine Songs jedoch einfach online
anzubieten, schaltet er eine Ebene tiefer, zu "den molekularen
Bestandteilen der Tracks", wie er sie nennt.
So gehört zur soeben erschienen Compilation "OvalDNA" mit
unveröffentlichtem und exklusivem Material von 1997 bis 2010 eine
zusätzliche DVD, auf der mehr als 2.000 Klangdateien lagern - Popps
Bibliothek, Originalsounds von früheren Alben einschließlich der Varianten,
die nie zum Einsatz kamen.
Die Dateien kann man den eigenen Wünschen gemäß verwenden, eine von Popp
eigens dazu entwickelte OvalDNA-Software soll auf der Website des Labels
Shitkatapult für Käufer der Compilation als Download erhältlich sein. Mit
Oval, zunächst ein Trio, hat Popp Anfang der Neunziger die Entwicklung des
"Glitch"-Genres mit angestoßen, bei dem digitale Störgeräusche und
Verfremdungen zu entscheidenden Bestandteilen der Musik gehören.
## Der Klang springender CDs
Der Name Oval steht seither insbesondere für den Klang springender CDs, und
tatsächlich hat Popp das Sampling, das stückchenweise Verwenden bereits
vorhandener Musik, mit so rigoroser Konsequenz betrieben, dass von den
ursprünglichen Sounds bei ihm außer strukturiertem Klackern nur wenig zu
erkennen war.
Dank "OvalDNA" kann man mit den Oval-"Originalen" neuerdings genauso
verfahren, bis sich ihre Spur irgendwann im digitalen Dickicht verloren
haben wird. Für Popp ist dieser Schritt, zusammen mit der Entwicklung der
dazugehörigen Software, ein Statement zur "ästhetischen Gegenwart" und ein
Hinweis darauf, dass Musik heutzutage mit Software gekoppelt ist: "Eine der
nachhaltigsten Entwicklungen der Musikgeschichte ist die
Software-Revolution, die die Musik als Ganze sehr viel rasanter verändert
hat als Dinge wie der Instrumentenbau oder die Evolution der Spieltechnik."
Insofern gehören Popps Klänge und Software durchaus zusammen. Wichtiger als
der technische Aspekt der Software ist für ihn aber, dass andere
ungehindert mit seinen Bausteinen hantieren können, die Dateien sind nicht
durch Wasserzeichen gekennzeichnet, sodass man sie Popp später nicht mehr
zuordnen kann. "Es geht im weitesten Sinne um kulturelle Produktion. Im
Grunde bauen alle Musikproduzenten - mal mit mehr, mal mit weniger
Absprache untereinander - an einer Art Architektur. Elektronische Musik
heute ist immer crowdsourcing und work in progress, und meine Soundfiles
sind eben die nächste Stufe des Dialogs."
## Ohne DRM, ohne Copyright
"OvalDNA", dessen Produktion mit Geldern des Deutschen Musikrats finanziert
wurde, erweitert damit das "Open Source"-Konzept, das Popp erstmalig mit
seinem Album "Ovalprocess" von 2000 verfolgte. Für die Musik konzipierte er
ebenfalls eine spezielle Software, die er in Galerien und anderen
öffentlichen Plätzen auf Terminals laufen ließ, an denen Besucher aus Ovals
Klängen ihre eigene Musik konstruieren konnten.
"Der Schritt vom Produzenten zum Softwaredesigner war für mich damals sehr
groß", so Popp. "Aber auf einem Open-Source-Level im Sinne von ,alles
transparent machen und alles offenlegen' bin ich im Grunde erst jetzt,
indem ich sage: Hier sind die ganzen Sounds, mit denen ich das gemacht
habe, ohne Digital Rights Management, ohne Copyright."
Dinge zur Verfügung zu stellen und nicht bloß als Produkt anzubieten ist
für Popp mehr als ein ästhetisches Statement, er sieht es als
Verpflichtung. "OvalDNA ist weniger künstlerisch als zeitgemäß gemeint - es
ist letztlich das, was ich als User selbst um mich herum beobachte."
Oval: "OvalDNA" (Shitkatapult); live: 5. 2., Berlin, HBC
3 Feb 2012
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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