# taz.de -- Gastbeitrag Sicherheitskonferenz I: Kein Afghanistan, nirgendwo | |
> Weltmänner und -frauen diskutieren über Großthemen der internationalen | |
> Politik. In München trifft sich die abgezockte Community der | |
> Super-Realisten. | |
Bild: Ja, wo ist er denn? Hillary Clinton sucht am Samstag auf der Sicherheitsk… | |
Glaubt man den Zeitzeugen, war die Wehrkundetagung in erster Linie eine | |
Panzer-Messe ohne Ausstellungsobjekte. Heute, im 46. Jahr, heisst das ganze | |
nun "Sicherheitskonferenz". Und wenn hier am Rande Waffen verkauft werden, | |
dann bekommen das Leute wie ich zumindest nicht mehr mit. Es gibt in der | |
Tat hier sicherheitspolitische Debatten. Und je kleiner die Runde ist, in | |
der sie stattfinden, desto mehr geht es in die Tiefe. | |
Die Hauptdebatten sind geprägt von Weltmännern und -frauen. | |
UN-Generalsekretäre, Staatschefs, Fachminister von Supermächten, Weltdenker | |
à la Henry Kissinger: Sie sind alle so hochrangig, dass es keinerlei Rolle | |
spielt, was die Überschrift der jeweiligen Diskussion ist. Diskutiert wird, | |
was gerade die Großthemen der internationalen Politik sind. Es ist also | |
genauso relevant darauf zu achten, welche Themen nicht diskutiert werden. | |
Die Hauptthemen in diesem Jahr sind dreierlei: Wie bekommt man Russland und | |
China dazu, Druck auf Assad aufzubauen, damit das tägliche Morden in Syrien | |
aufhört? Iran bomben oder nicht bomben? Ist Europa noch relevant, wenn die | |
USA sich nun in Richtung des pazifischen Raums wenden? | |
Die erste Frage beantwortet der russische Außenminister Lawrow mit einem | |
fröstelnden "Njet". Die zweite ist surreal, weil sogar die US-Militärs | |
betonen, dass es keine militärische Option gibt, das iranische Atomprogramm | |
zu verhindern. Und die letzte Frage hat das halbe US-Kabinett nach | |
Deutschland verschlagen, um den Europäern zu versprechen, dass sie ganz | |
schön wichtig bleiben. Auch wegen der Eurokrise. | |
## Abgezockte Community | |
Kein Thema ist hier Afghanistan. US-Verteidigungsminister Panetta erklärt | |
beiläufig, dass der sogenannte Abzug der Kampftruppen nun doch wie geplant | |
Ende 2014 und nicht ein Jahr zuvor stattfindet. Ansonsten aber scheint das | |
Thema für die abgezockte Community der Super-Realisten in München schlicht | |
abgefrühstückt zu sein. Es ist zu Ende. Dabei erklären die Westerwelles | |
dieser Welt bei jeder Gelegenheit, Deutschland und die Weltgemeinschaft | |
werden den Afghanen auch nach Abzug der Truppen fest beistehen. Aber wenn | |
es konkret wird, wenn die Diskussion ansteht, wie konkret und in welcher | |
Art, dann disktutiert man doch lieber "Smart Defense". | |
Letzteres ist eine irreführende Überschrift. Eigentlich müsste sie heißen: | |
"Sicherheitspolitik in Zeiten leerer Kassen". Alle beschwören, dass nun vor | |
allem Europa mehr zusammenarbeiten muss. Klingt gut. Erzählt Europa aber | |
schon seit Jahrzehnten, ohne dass etwas passiert. | |
Im Übrigen gibt es dieses Jahr in München eine spannende Erneuerung. Der | |
arabische Frühling wird nicht unter dem Motto "Stabilität" diskutiert, | |
sondern unter dem Gesichtspunkt der Menschenrechte. Hauptrednerin ist die | |
jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakoll Karman. Wer diese | |
großartige Frau kennt, weiß, dass sie eine andere, deutlich klarere | |
Aussprache pflegt als die Großdiplomaten der Welt. Kompliment an den Chef | |
der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger. Mit Karman gibt es | |
erstmals einen Hauch der friedenspolitischen Debatte, die die Demonstranten | |
gegen die Sicherheitskonferenz seit Jahren zu Recht einfordern. | |
5 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Omid Nouripour | |
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