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# taz.de -- Twitter in Brasilien: Unfalltote im Datenvekehr
> Brasilianische Nutzer warnen in Brasilien über Twitter vor
> Verkehrskontrollen. Nun drohen dem Online-Netzwerk empfindliche Strafen.
Bild: Kontrollen sind gut, digitale Warnungen sind besser: Stadtverkehr in Sao …
"Vermeiden Sie Unfälle - Fahren Sie verantwortungsbewusst", mit diesem
Banner begrüßt die [1][Webseite des brasilianischen Verkehrsministeriums]
seine Besucher. Die Kampagne mit Verkehrsschulungen, Werbespots und
verstärkten Kontrollen auf den Straßen des Landes ist auch dringend nötig.
Wenn es um den Straßenverkehr geht, zählt die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) Brasilien zu [2][den gefährlichsten Ländern der Welt]. Jährlich
sterben bald 40.000 Menschen bei Unfällen, das sind knapp 20 je 100.000
Einwohner. In Deutschland sind es im selben Zeitraum gerade mal 6.
Die brasilianische Regierung unternimmt in Kooperation mit der WHO
ernsthafte Anstrengungen, die teilweise chaotischen Zustände auf den
Straßen des Landes beherrschbar zu machen. Kontrollen in den Großstädten
zeigen, dass nicht nur viele alkoholisierte Fahrer eine Gefahr sind.
Regelmäßig sind die Hälfte der Autofahrer gleich ganz ohne Führerschein
unterwegs.
Führerscheinprüfungen mit landesweit einheitlichen Anforderungen gibt es
nicht. Wer den Schein bezahlt, bekommt ihn in aller Regel auch. Die Laxheit
im Umgang mit der Verkehrssicherheit geht so weit, dass Kandidaten für
politische Ämter bisweilen Stimmen mit der kostenlosen Verteilung von
Führerscheinen einwerben.
## 200.000 Euro Strafe?
Angesichts dieser Umstände ist es nur zu verständlich, dass den
brasilianischen Behörden Twitteraccounts wie [3][Lei Seca RJ] ein Dorn im
Auge sind. Über 280.000 Menschen haben die Kurznachrichten des Service
abonniert, die im Minutentakt vor Verkehrskontrollen warnen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Brasiliens versucht nun, vor einem
Bundesgericht durchzusetzen, dass Twitter die entsprechenden Accounts
sperrt. Bei fortgesetzten Blitzerwarnungen soll das Netzwerk gut 200.000
Euro Strafe bezahlen - und zwar täglich, wie die [4][Nachrichtenagentur O
Globo meldet].
Dem nachvollziehbaren Interesse, wirksame Verkehrskontrollen durchführen zu
können, steht jenes des Kurznachrichtendienstes gegenüber. Der dürfte sich
einer steigenden Zahl solcher "nachvollziehbarer" Anfragen ausgesetzt sehen
und ziemlich schnell an Kapazitätsgrenzen stoßen, sollte er dazu verurteilt
werden, Inhalte des Dienstes permanent auf Rechtsverstöße zu scannen.
## Vorauseilende Anbieterhaftung
Diese vorauseilende Anbieterhaftung für von den Benutzern eingestellten
Inhalte konnten auch Facebook und Google bislang weitgehend von sich
weisen. Sollten westliche Internetdienste jedoch planen, sich dauerhaft
z.B. am chinesischen Markt zu platzieren, werden sie nicht umhin können,
entsprechende Mechanismen einzubauen.
Der brasilianische Fall ist neben den [5][aktuell in Indien ausgedehnten
Sperranforderung] insofern nur ein weiterer Test, wie weit sich die
Dienste, in diesem Falle Twitter, den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen
unterwerfen, sich im Geschäftsinteresse also zu arrangieren bereit sind.
Dass die Redefreiheit dabei Verhandlungsmasse ist, hat Twitter bereits vor
einigen Wochen erklärt, als mit Blick auf zu erwartende regionale Sperren
erklärt wurde, dass in anderen Ländern eben [6]["andere Vorstellungen vom
Umfang der Redefreiheit"] herrschten, denen man sich anpassen wolle.
Markus Beckedahl, Sprecher der [7][„Digitalen Gesellschaft"] erklärt zum
konkreten Anlass, dass derartige Sperren eine Schnapsidee seien. "Man kann
Menschen Kommunikation nicht untersagen, solange man sie nicht in ein
Gefängnis steckt." Die WHO verweigerte der taz jeden Kommentar mit dem
Hinweis darauf, dass es sich um eine Regierungsangelegenheit handele, zu
der seitens der Organisation keine offizielle Position bezogen werden könne
oder solle.
Noch ist der Streit in Brasilien nicht entschieden. Vielleicht ergeht es
den Blitzer-Warnern auf Twitter ähnlich wie den deutschen Formatradios, die
hierzulande vom Radarfallenwarnverbot ausdrücklich ausgenommen sind, da die
Polizei zu der Auffassung gelangt ist, dass diese Meldungen für das Thema
sensibilisierend und damit die Verkehrssicherheit fördernd wirken.
9 Feb 2012
## LINKS
[1] http://www.transportes.gov.br/
[2] http://www.who.int/violence_injury_prevention/road_safety_status/en/index.h…
[3] https://twitter.com/#!/leisecarj
[4] http://br.noticias.yahoo.com/agu-quer-bloqueio-contas-twitter-alertam-blitz…
[5] http://blogs.wsj.com/indiarealtime/2012/01/25/indian-minister-don%E2%80%99t…
[6] /!86826/
[7] http://digitalegesellschaft.de/
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
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