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# taz.de -- Filmemacher Banush über deutschen Film: "Keiner hilft dir, wir tun…
> Ein gutes Leben im Sinne des Kinos? Pah! Patrick Banush erklärt, warum es
> in Deutschland nur Staatsfilme gibtund was anders werden muss.
Bild: Gefühlsmäßig steht Viktor im Regen.
tazlab: Herr Banush, Ihr Film "Die Liebe und Viktor" hat lumpige 10.000
Euro gekostet und lief insgesamt dreißig Wochen in Berlin. Wie ging das
denn?
Patrick Banush: Das geht eben alles inzwischen für null Geld. Equipment,
Nachbearbeitung, Ton: Das kostet einfach nur noch ein Hundertstel dessen,
was früher bezahlt werden musste. Wir nutzen das. Aber die anderen tun so,
als hätte es eine technische Entwicklung nie gegeben.
Wer sind denn die anderen?
Die machen Filme mit Steuergeldern und Filmförderung. Die Basis für die
Filmförderung ist immer ein Drehbuch, in dem alles drinsteht. Wenn du
irgendwas ändern willst, auch nur einen Satz, musst du die Erlaubnis von
Redakteuren haben. Wenn du mehr änderst, dann gilt die Vereinbarung nicht
mehr. Aber das bedeutet eben auch, dass improvisierte Filme per se
ausgeschlossen sind von der Filmförderung.
Ist das nicht gegen die Idee des Kinos - auch das Spontane zu wagen?
Vor allem ist es total schade. Unsere Filme sind einfach besser. Nicht so
cool ist, dass wir niemanden bezahlen können, nicht davon leben können und
noch nicht mal das Geld, das wir reinstecken, wieder rauskriegen.
Was ist denn die Motivation dahinter, solche Filme zu machen?
Offensichtlich nicht Geld, oder?
Man denkt schon, wenn man den Film macht, dass ein Verleiher kommt und ihn
kauft. Da ist man genauso naiv wie ein Filmhochschüler. Fakt ist: Wenn man
so einen kleinen Film macht, wird nie ein Verleiher kommen und helfen.
Keiner wird dir helfen. Das ist auch gut so. Ich habe relativ früh schon
Plan B gehabt: Wir bringen unseren Film selber raus und machen das mit
Talent. Und, was soll ich sagen, das hat sogar Spaß gemacht.
Rolf Zacher und Samuel Finzi spielen in "Die Liebe und Viktor". Wie gewinnt
man so prominente Schauspieler für einen Low-Budget-Film?
Man muss sich einfach trauen, die Leute anzusprechen. Man darf keine Angst
haben, dann klappt alles. Und wir drehen natürlich wahnsinnig schnell. Wir
brauchen den Rolf Zacher nur einen Tag, obwohl er eine große Rolle hat. Die
anderen bräuchten ihn fünf Tage. Dadurch ist es billiger für uns. Wir sind
auch viel flexibler. Wenn ein Schauspieler nicht kann, muss man eben
jemanden von der Straße nehmen. Das kann sogar oft die bessere Besetzung
sein. Bei uns geht das.
Macht man Low-Budget-Filme, weil man keine Filmförderung bekommen hat?
Nein. Jeder will natürlich eigentlich einen Film so machen wie wir. Jeder
ist ja irgendwie egozentrisch und hat seine Fantasien und will auch während
des Drehs die Freiheit haben, etwas ändern zu können. Aber die meisten
haben Angst. So wie wir diese Filme angehen, könnte alles total scheitern,
aber du musst dich eben nicht vor der ARD oder vor der
Filmförderungsanstalt rechtfertigen. Wir kennen das Fördersystem natürlich
auch. Viele von uns waren auf der Filmhochschule, das sind jetzt nicht
irgendwelche Irren, die unter der Knute der Filmförderung arbeiten.
Haben Sie generell etwas gegen Filmförderung?
Das System der Filmförderung funktioniert in sich super, klar, aber es
versaut die ganzen Filme. Eine Filmvernichtungsmaschine. Es gibt unendlich
viele Regiestudenten, die würden alle gern mit ARD oder ZDF einen Film
machen, mit Redakteur und Förderung. Das verheißt Erfolg und Geld. Von
zweihundert Ideen wird aber eine wirklich produziert. Dafür lassen dich die
Redakteure drei Jahre zappeln, lassen dich das Buch zehnmal umschreiben,
ohne dass du auch nur einen Cent Gage gekriegt hast. Man vernichtet so auch
die Regisseure. Die haben dann einmal so einen Film gemacht mit Redakteur
und allem, und danach wollen die keinen mehr machen, ohne Kohle und unter
riskanten Bedingungen. Die sind dann natürlich weg vom Fenster. So ist das
System.
Wo findet das Publikum Ihre Filme auf der Berlinale?
Gar nicht. Auf der Berlinale laufen Leute herum, die denken, sie machen
kritische Filme. Aber die füllen Formulare aus, bitten vorher um Erlaubnis
bei der Filmförderung und lassen sich das alles prima subventionieren.
Und Sie?
Wir bleiben auf irgendwelchen Brachen, fast im Off, etwa im
Campingplatzkino auf der Kastanienallee.
10 Feb 2012
## AUTOREN
M. Barmeyer
C. Langenkamp
## TAGS
tazlab 2012: „Das gute Leben“
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