# taz.de -- Asylbewerber: Wohnungen bleiben leer | |
> Bis Juni müssen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften 275 Wohnungen | |
> an Asylbewerber vermieten. Das wird knapp, denn bislang sind es erst 24. | |
Bild: Wohnheime erschweren die Integration, so die Kritik. | |
Die Vermietung von Wohnungen an Asylbewerber läuft in Berlin nur | |
schleppend. Seit Juli vergangenen Jahres haben die landeseigenen | |
Wohnungsbaugesellschaften nur 24 Wohnungen an Asylbewerber vermietet. Für | |
weitere 20 Wohnungen wird momentan mit Interessenten verhandelt, wie aus | |
der Antwort der Senatsverwaltung für Soziales auf eine Anfrage der | |
Grünen-Abgordneten Canan Bayram hervorgeht. Mit dem Senat ist die | |
Vermietung von 275 Wohnungen an Flüchtlinge bis Ende Juni vereinbart. "Wenn | |
Berlin diesen Vertrag noch erfüllen will, muss es sich strecken", sagt | |
Bayram. | |
Unter Rot-Rot war Berlin 2002 dazu übergegangen, Flüchtlinge nach der | |
Erstaufnahmephase in Wohnungen statt in Wohnheimen unterzubringen. Seit | |
2009 sind allerdings weniger preiswerte Wohnungen auf dem Markt, während | |
gleichzeitig mehr Asylbewerber nach Berlin kommen. Dadurch stieg die Zahl | |
der Wohnheime, derzeit leben fast 3.400 Flüchtlinge in Berlin in solchen | |
Unterkünften. Um dagegen zu steuern, vereinbarte der Senat im Sommer | |
vergangenen Jahres mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, 275 | |
Wohnungen ausschließlich Asylbewerbern anzubieten. | |
Wohnheime würden die Integration erschweren, sagt Bayram: Mehreren Bezirken | |
fehlten in der Nähe von Massenunterkünften Schulplätze, immer weniger | |
Kinder von Asylbewerbern könnten in Berlin zur Schule gehen. Wohnten sie in | |
Wohnungen, verteilten sich die benötigten Schulplätze besser auf die Stadt. | |
Darüber hinaus fehle es in den Unterkünften an Deutsch sprechenden | |
Nachbarn. | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) bedauert, "dass der Umfang des bisherigen | |
Angebots hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist". Das liege an | |
mangelnder Erfahrung und Routine bei den Unternehmen, sagt seine Sprecherin | |
Regina Kneiding. Sie erwarte aber, dass die vereinbarte Anzahl der | |
Wohnungen bis Juni an Flüchtlinge vermietet werde. Der Wechsel von Rot-Rot | |
zu Rot-Schwarz im Senat habe keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der | |
Vereinbarung. | |
Flüchtlingsberater haben bei den Unternehmen andere Erfahrungen gemacht: | |
Zunächst hätten verschiedene landeseigene Wohnungsbaugesellschaften | |
behauptet, es gebe keine Wohnungen im gesuchten Preissegment, sagt | |
Klaus-Jürgen Dahler von der Flüchtlingsberatung der Linken. Nachdem er auf | |
Angebote auf den Webseiten der Unternehmen aufmerksam gemacht habe, hätten | |
diese argumentiert, der Vertrag über das Kontingent sei mit der alten | |
Regierung abgeschlossen worden - und weil die neue Landesregierung sich | |
bislang nicht positioniert habe, vermiete man bis auf weiteres keine | |
Wohnungen an Asylbewerber. | |
Außerdem können sich für die Wohnungen nur Menschen bewerben, die schon | |
seit mindestens sechs Monaten in Berlin leben, deren Asylverfahren aber | |
noch nicht abgeschlossen sind. Von denen gebe es immer weniger, sagt | |
Flüchtlingsberaterin Elisabeth Reese von Asyl in der Kirche. "Das | |
Kontingent muss dringend auf die Gruppe der geduldeten Flüchtlinge | |
ausgedehnt werden", fordert auch die Sprecherin des Berliner | |
Flüchtlingsrats, Martina Mauer. | |
Die Grünen wollen nun eine Anhörung im Abgeordnetenhaus beantragen, um zu | |
erfahren "woran es konkret hakt", sagt Canan Bayram. Auch die ehemalige | |
Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) fordert eine Kontrolle der von ihr auf | |
den Weg gebrachten Vereinbarung. | |
11 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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