# taz.de -- Kommentar Italien: Privatisierte Bestechung | |
> Italiens Staatsanwälte ermitteln gegen einen raffgierigen Politiker, das | |
> Misstrauen der Wähler wächst. Der Niedergang der italienischen Parteien | |
> ist kaum noch aufzuhalten. | |
Vor akkurat 20 Jahren erschütterten die Korruptionsskandale rund um die | |
"Schmiergeldrepublik" die italienische Parteienlandschaft. Als am 17. | |
Februar 1992 der obskure Funktionär Mario Chiesa verhaftet wurde, tönte | |
Sozialistenchef Bettino Craxi sofort, ein "Lump" sei da gefasst worden. | |
Nur zwei Jahre später waren sowohl die Sozialistische Partei als auch die | |
Christdemokratie von der Bildfläche verschwunden. | |
Auch jetzt wieder ermitteln in Italien Staatsanwälte gegen einen | |
raffgierigen Politiker; der Senator Luigi Lusi soll Millionen von | |
Parteikonten abgeräumt haben. Auch jetzt wieder geht die politische Klasse | |
auf Distanz zum "Lumpen". Die Wähler dagegen reagieren mit einem | |
Vertrauenshoch für den "Techniker" Mario Monti an der Regierung - und mit | |
einem Hoch des Misstrauens gegen die Parteien, gegen alle Parteien. | |
Zu Recht. Denn diese haben es vorgezogen, keine Lehren aus den | |
Bestechungsskandalen zu ziehen. | |
Laut italienischem Rechnungshof blüht und gedeiht die Korruption | |
unverändert. Nichts hat sich verbessert in den letzten zwanzig Jahren - | |
eher schon ist die Situation heute düsterer als damals. Damals nämlich | |
hatten die korrupten Politiker wenigstens die Ausrede, sie hätten "für die | |
Partei, für die Politik" gestohlen. Heute schafft ein Mann wie Luigi Lusi | |
Millionen beiseite, um sich Luxusvillen zu kaufen. | |
Die Parteien werden in Italien zunehmend zu leeren Hülsen. Es ist | |
bezeichnend, dass sie sich quer durch die politischen Lager kaum noch mit | |
Mitgliedsbeiträgen finanzieren, sondern vor allem durch staatliche | |
Zuwendungen. Jetzt schlagen sich die Parteien, vorneweg der Partito | |
Democratico, zwar reuevoll an die Brust - doch sie müssen den Worten | |
schnell Taten folgen lassen. Es ist ihre letzte Chance. | |
12 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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