# taz.de -- ARTILLERIE: Die lodene Revolution | |
> Die CDU-Fraktion führt Jäger, Schützen und Knarren-Sammler in den Krieg | |
> gegen Grüne und die SPD: Durch deren Waffensteuer-Pläne würden sie | |
> kriminalisiert | |
Bild: Die CDU kämpft für Ihr Recht auf dicke Wummen! | |
Waldfarbene Pullunder und Oberlippenbärte sind immer noch beliebt, | |
Lodenmäntel drängen sich auf denb Bügeln: Die CDU-Fraktion hatte in die | |
Bürgerschaft geladen, um Widerstand zu organisieren. Fast 100 Jäger, | |
Schützen und Waffensammler sind gekommen. Denn SPD und Grüne planen eine | |
"Waffenbesitzsteuer": 300 Euro soll eine Waffe im Jahr kosten. Dem Land | |
brächte das drei Millionen pro Jahr. | |
Aufs "schwächste Glied" ziele die SPD, sagt Stefan Martin, Vorsitzender des | |
Schützenvereins Oberneuland. Er trägt Uniform. An den Tischen des Raumes, | |
wo sonst die Deputationen tagen, ist kein Platz frei geblieben. Einige | |
Schützenbrüder, wenige Schützenschwestern, viele Orden, aber Kaffee, kein | |
Korn. | |
Ihre "Kräfte zu bündeln" hätten die Schützen bislang versäumt, so Martin. | |
Doch: "Der Souverän ist das Volk!" | |
Und das trägt teilweise Waffen, 17.000 legale allein in Bremen. Nicht alle | |
sollen mit einer Steuer belegt werden, informiert André Städler, Sprecher | |
der SPD-Fraktion. Jene von Sicherheitskräften seien ausgenommen. Für Jäger | |
solle eine begrenzte Anzahl steuerfrei bleiben - sie haben einen | |
öffentlichen Auftrag. Auch Vereine müssten für ihre Waffen nichts zahlen. | |
Dennoch rechnet die SPD mit etwa 12.000 potenziellen Einnahme-Quellen. Mit | |
ihrem Antrag will sie prüfen lassen, ob das gesetzeskonform wäre. In | |
Stuttgart war die Steuer 2010 geplant, die Rechtsgutachten widersprachen | |
sich, der Plan wurde auf Eis gelegt: Bremen beträte Neuland. | |
Es gehe dabei nicht nur ums Geld, sagt Städler. "Ziel ist die Reduktion | |
gefährlicher Waffen." Für eine Verschärfung des Waffengesetzes solle sich | |
der Senat auf Bundesebene einsetzen, heißt's im Antrag, über den die | |
Bürgerschaft noch im Februar debattiert. Er beginnt mit dem Hinweis auf 100 | |
Opfer legaler Waffen in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren. | |
Deren Besitzer sollten dagegen "gemeinsam operieren", sagt Stefan Martin. | |
Aus Bremen wegziehen, demonstrieren, die SPD nicht mehr wählen. Die Planung | |
des Aufstands übernehmen die Christdemokraten. CDU-Innenpolitiker Wilfried | |
Hinners leitet die Schützen-Versammlung: "Es ist makaber, wenn Amokläufe | |
mit einer Waffensteuer in Verbindung gebracht werden." Ein Gast steigt ein: | |
"Zum Beispiel in Winnenden", argumentiert er. Da habe der mordende Schüler | |
ja auch die Waffe geklaut, von seinem Vater - "also", schließt er, "war sie | |
nicht mehr legal". Ganz schön sophistisch. Hinners greift's auf: Die Steuer | |
erst, befürchtet er, verdränge die Waffen in die Illegalität. Ein Schütze | |
nach dem anderen meldet sich. Man solle lieber Straftäter zur Kasse bitten. | |
Schützenvereine holten die Leute von der Straße. "Außer die Miris", scherzt | |
es aus einer Ecke. Und: Dieser Björn Tschöpe, poltert's von woanders, das | |
sei ja gerade verfassungswidrig, was der verbreite, dieser Chef der | |
SPD-Fraktion, der Feind. | |
Ingo Buchenau, Vorsitzender der Borgfelder Schützengilde, muss Tschöpe | |
indes bescheinigen, gut informiert zu sein - anders als die Grünen. Das | |
seien "Menschen aus dem Tal der Unwissenden. Die sind einfach nur dagegen", | |
befindet Buchenau. Am Mittwoch hatte er sich mit Tschöpe getroffen. Auch | |
ein Vertreter des Deutschen Schützenbundes war dabei. Das Vorhaben erregt | |
bundesweite Aufmerksamkeit. Man habe vernünftig miteinander geredet, so | |
Buchenau. Und er mahnt, dass die Drohbriefe an den Herrn Tschöpe, also dass | |
die der Sache wirklich Schaden zufügen könnten. Dem Herrn Tschöpe "zu | |
schreiben, er solle ,in den Lauf von vorne schauen'", nein, also so etwas | |
gehe wirklich nicht, sagt Buchenau. Die meisten sind auch gar nicht so | |
martialisch: "Wir schmeißen sie mit Gutachten tot", schlägt ein Sammler | |
vor, 200 scharfe Waffen umfasst sein Arsenal - das wären 60.000 Euro | |
Steuern im Jahr. Ein klassisches Motiv. | |
Buchenau setzt auf die Opposition, auf "CDU, FDP und Linke", bloß sind halt | |
die Liberalen derzeit unpässlich, und die Solidarität von der Linken gilt | |
als ungewiss. Zwar hält deren Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt die Steuer | |
tatsächlich kaum für sinnvoll, was die Einnahmen angeht. Den privaten | |
Waffenbesitz will aber auch sie minimieren. | |
Bleibt also nur die CDU. Doch auch dort gibt es Gegenstimmen. "Wenn man | |
eine solch gefährliche Sportart betreibt, muss man einsehen, dass es vom | |
Staat Einschränkungen gibt", sagt der ehemalige Chef der Bremer Jungen | |
Union, Malte Engelmann, der taz. "Um regierungsfähig zu werden, sollte sich | |
die CDU mit Problemen beschäftigen, die die Menschen wirklich bewegen", | |
findet er. Und auch "moralisch den falschen Weg" nennt er das Engagement | |
"für Waffenbesitzer". | |
Da ist er aber mal wieder Außenseiter: Elisabeth Motschmann, moralische | |
Instanz von Stadt und CDU, sobald es um Verbalisierung nicht der | |
Reproduktion dienlicher menschlicher Sexualität geht, fängt richtig Feuer, | |
wenn sie die Männer mit Schießeisen verteidigt: Das rot-grüne Vorhaben | |
nennt sie gar eine "Kriminalisierung". Schließlich seien für sie als | |
Sportstaatsrätin "die Schützenfeste immer das Allerschönste" gewesen. | |
Sorgen machten sich auch die Jäger. Denn, die Jagd sei mit nur einem Gewehr | |
nicht möglich: "Wer mal im Dickicht einen Eber angeschossen hat, weiß, dass | |
er eine großkalibrige Kurzwaffe braucht, wenn der angreift", erklärt einer. | |
Ohne Jagd gäbe es "Wildunfälle ohne Ende" und dann, so ein anderer, "dann | |
haben wir hier Somalia". | |
13 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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