| # taz.de -- Elektronische Fußfessel: Senat steht auf Fesselspiele | |
| > Der Justizsenator will die elektronische Fußfessel auch für | |
| > Untersuchungshäftlinge nutzen. Die Opposition ist skeptisch. | |
| Bild: Die Fessel, rechts im Bild am linken Fuß. | |
| Die elektronische Fußfessel, ein Überwachungsgerät per Funk, soll auch in | |
| Berlin kommen. Der Senat hat am Dienstag beschlossen, sich dazu an einem | |
| Projekt von fünf Bundesländern zu beteiligen. Nach Vorstellungen von | |
| Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sollen die Fessel entlassene, als | |
| gefährlich eingestufte Straftäter tragen, die bislang in | |
| Sicherungsverwahrung sind. In Berlin betrifft das derzeit 38 Fälle. Das | |
| Bundesverfassungsgericht hatte die Sicherungsverwahrung gekippt und eine | |
| Neuregelung gefordert. Weitere Anwendung sieht Heilmann bei | |
| Untersuchungshäftlingen, nicht aber bei normalen Haftstrafen. | |
| Die Fußfessel, laut Heilmann eine Art Handy, das mit einem Gummiring am | |
| Bein befestigt ist, meldet den Aufenthaltsort des Trägers. Es soll Alarm | |
| schlagen, sobald es entfernt wird oder der Träger sich Bereichen nähert, | |
| die ihm untersagt sind - bei entlassenen Sexualstraftätern etwa | |
| Kindergärten. Kontrolliert wird das nicht in Berlin, sondern in einer | |
| bereits eingerichteten Überwachungsstelle in Hessen. Heilmann zufolge | |
| werden von dort aus derzeit bundesweit sieben Personen mit Fessel | |
| überwacht. | |
| Heilmann soll nun einen Gesetzentwurf erarbeiten lassen, über den | |
| voraussichtlich bis zum Sommer das Abgeordnetenhaus befindet. Die | |
| letztliche Entscheidung, wer die Fußfessel trägt, trifft aber der jeweilige | |
| Richter. | |
| In der rot-roten Vorgängerregierung hatte laut Heilmann Justizsenatorin | |
| Gisela von der Aue (SPD) Bedenken zur Wirksamkeit. "Meine Haltung ist eher: | |
| Grau ist alle Theorie - lasst uns das mal ausprobieren", sagte Heilmann | |
| dazu. "Wenn es funktioniert, ist es in jedem Fall billiger als ein | |
| Haftplatz". Ein solcher Platz kostet pro Tag rund 124 Euro, als Grundkosten | |
| für das Fesselsystem gab Heilmann rund 80.000 Euro an. Anders als es in den | |
| USA der Fall ist, soll die Fessel aber nicht dazu dienen, mehr Platz in den | |
| Gefängnissen zu schaffen. "Der normale Häftling kommt dafür nicht infrage", | |
| sagte der Senator. | |
| Oppositionsvertreter äußerten sich äußerst skeptisch zu der Entscheidung | |
| des Senats. "Mir fehlt grundsätzlich ein Konzept, wie mit der | |
| Sicherungsverwahrung umzugehen ist", kritisierte der rechtspolitische | |
| Sprecher der Linksfraktion, Klaus Lederer. Er räumte zwar ein, dass die | |
| Fessel für Untersuchungshäftlinge von Vorteil sein könnte - "das ist schon | |
| ein milderes Mittel, als die Leute wegzusperren". Er befürchtet aber | |
| Auswirkungen auf die gängigeRechtsprechung: "Wenn das Ding einmal da ist, | |
| dann steigt auch der Druck, das breit zu nutzen." | |
| Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux warnte davor, sich zu sehr auf | |
| technische Neuerungen zu verlassen. "Die Fußfessel ist kein Allheilmittel", | |
| sagte er. "Man weiß nur, wo jemand ist, aber nicht, was er macht. Das kann | |
| einen resozialisierungsorientierten Vollzug nicht ersetzen." Skepsis kam | |
| auch von Lux' Kollegen von der Piratenfraktion, Christopher Lauer. "Der | |
| Fessel liegt der Irrglaube zu Grunde, man könne mit Technik in der Justiz | |
| sparen", sagte Lauer der taz. Technik sei nie hunderprozentig, könne | |
| ausfallen - "und dann?", fragte er. "Ich weiß auch nicht, ob eine Fußfessel | |
| einen gefährlichen Menschen daran hindert, im Affekt eine Tat zu begehen." | |
| 14 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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