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# taz.de -- Pankow spart sich Kultur: Die hohe Kunst der Provokation
> Schuld daran, dass Pankower Kultureinrichtungen schließen sollen, ist der
> Senat - so sehen es die Kulturschaffenden und auch das Bezirksamt.
Bild: Gibt's in Pankow bald nur noch Kultur zweiter Wahl?
Der Tagungssaal einer Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ist nicht
unbedingt der beste Ort, um Witze zu erzählen. Erst recht nicht, wenn die
Verhandlung des aktuellen Haushalts auf dem Programm steht. Regisseur Jens
Becker versuchte es am Mittwochabend trotzdem: "Was wird bald der
Unterschied zwischen Pankow und Joghurt sein? Joghurt hat eine aktive,
lebendige Kultur."
Gemeinsam mit weit über hundert Demonstranten war Becker zur Tagung des
Bezirksparlaments gekommen, um gegen die geplanten Kürzungen im
Kulturbereich Stimmung zu machen. Fünf Millionen Euro muss Pankow in diesem
Jahr in seinem Haushalt einsparen, eine umfangreiche Streichliste gibt es
bereits. Darauf stehen neben dem kompletten Kulturareal im
Ernst-Thälmann-Park auch zwei ehrenamtlich betriebene Bibliotheken, eine
Galerie, Bereiche der Musikschule sowie ein Museum. Still und heimlich
wegsparen lassen wollen die sich jedoch nicht.
Schnell wurde am Mittwoch klar, dass der Bezirk sich eigentlich auf Seiten
der Demonstranten sieht: "Sie als Kulturschaffende müssen derzeit die
Probleme ausbaden, die wir als Bezirke mit dem Land Berlin haben", sagte
Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU). Sein Kollege, der für Finanzen
zuständige Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD), ergänzte, dass allen
Bezirken insgesamt 112 Millionen Euro fehlten - die der Senat aber einfach
nicht bewilligen wolle. "Unser Haushaltsplan mit der geplanten Schließung
diverser Einrichtungen zeigt nur, was es heißt, die Sparauflagen des Senats
umzusetzen."
Dass die aktuellen Schließungspläne die Bürger auf die Barrikaden treiben,
könnte für die Pankower Politiker Rückenwind für Verhandlungen mit dem
Senat bedeuten, den Bezirken mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Entsprechend entwickelte sich die Diskussion im Saal: Bald schimpften auch
Politiker auf ein Land, das 270 Millionen Euro in eine neue
Landesbibliothek stecke - dafür aber am Unterhalt für ehrenamtlich
betriebene Büchereien spare.
Neben der Erkenntnis, dass Bezirkspolitiker und Kulturschaffende eigentlich
an einem Strang ziehen, gab es für die Kultureinrichtungen des
Ernst-Thälmann-Parks an der Danziger Straße noch eine weitere gute
Nachricht: Der Notstandsbetrieb, der dort seit Anfang dieses Monats
aufgrund der Haushaltssperre des Senats läuft, kann vorerst wieder
aufgehoben werden. Momentan nämlich halten die Künstler den Spielbetrieb
komplett auf eigene Kosten aufrecht. Nachdem der Pankower Haushalt nun
jedoch immerhin als Entwurf vorliege, hieß es am Mittwoch, könne vorerst
wieder Geld fließen.
Mit den Schließungsplänen hat das nichts zu tun. Am Ende des Abends wurde
der Haushaltsentwurf mit den Kürzungen zur Beratung an die jeweiligen
Fachausschüsse übergeben. Endgütig wirksam wird er erst, wenn er vom
Abgeordnetenhaus beschlossen wird. Damit wird nicht vor Mitte Juni
gerechnet.
16 Feb 2012
## AUTOREN
Juliane Wiedemeier
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