# taz.de -- Öffnungszeiten: Verbotene Brötchen | |
> Ein Braunschweiger Bäcker will sonntags länger als drei Stunden Brötchen | |
> verkaufen dürfen. Bei seinem Kampf gegen das Gesetz stoppen ihn auch | |
> keine Bußgelder. | |
Bild: Heiße Ware: Braunschweig beschäftigt der Brötchen-Streit. | |
HAMBURG taz | Die Kontrolleure betreten die Braunschweiger Bäckereien | |
sonntags nach elf Uhr und tun so, als wären sie Normalbürger. "Ein Röggli | |
bitte", sagen sie zur Verkäuferin, oder: "Ein Mehrkornbrötchen." Wenn die | |
Verkäuferin die Ware einpackt und kassiert, ist die Bäckerei überführt. | |
Wieder haben die Testkäufer nachgewiesen, dass ein Bäcker das | |
Ladenöffnungsgesetz missachtet. Wieder wird ein Bußgeld erhoben. Wieder | |
trifft es den Bäcker Ulrich Ziebart, der in Braunschweig mehrere Filialen | |
betreibt. | |
Gegen den letzten Bußgeldbescheid in Höhe von 300 Euro hat Ziebart vor dem | |
Braunschweiger Amtsgericht geklagt. Am Freitag kam das Urteil, mit dem alle | |
gerechnet haben: Das Gericht bleibt bei der Geldbuße in Höhe von 300 Euro. | |
Die rechtliche Grundlage des Bußgeldes ist das Ladenöffnungsgesetz des | |
Landes Niedersachsen. Nach dem dürfen Bäcker sonntags nur drei Stunden | |
frische Backwaren verkaufen. Der Zeitraum hierfür solle "außerhalb der | |
ortsüblichen Gottesdienstzeiten" liegen, steht im Gesetz. Ulrich Ziebart | |
öffnet sonntags um acht Uhr. | |
Vor Gericht gezogen ist Ziebart, weil er sich benachteiligt fühlt gegenüber | |
den Tankstellen, die ihre Brötchen auch feiertags verkaufen dürfen - dort | |
laufen sie als "Reisebedarf", der vom Verkaufsverbot ausgenommen ist. | |
Ziebart sagt, dass es bei der Klage nicht nur um ihn ginge, sondern "um die | |
ganze Branche". Und der ist das Ladenöffnungsgesetz schon lange ein Dorn im | |
Auge: "Wir betrachten die Ungleichbehandlung mit Tankstellen als | |
diskriminierend", sagt Bettina Emmerich-Jüttner vom Bäckerinnungsverband | |
Niedersachsen/Bremen. Den juristischem Weg will der Verband aber nicht | |
gehen, "wir streben eine Einigung mit dem Ministerium an", sagt | |
Emmerich-Jüttner. Was sich die Bäcker in Niedersachsen und Bremen wünschen, | |
das ist eine Erweiterung der sonntäglichen Verkaufszeit von drei auf fünf | |
Stunden, wie es sie in Hamburg und Schleswig-Holstein gilt. | |
Erwartungsgemäß skeptisch sieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten | |
(NGG) die Wünsche der Bäcker. "Man muss aufpassen, dass der Sonntag als | |
Ruhetag nicht immer weiter ausgehöhlt wird", sagt der NGG-Referatsleiter | |
Backgewerbe Peter Störling. "Wir halten die bisherigen Rahmenbedingungen | |
für ausreichend." | |
Tatsächlich sieht es nicht danach aus, als stünde eine Änderung des | |
Ladenöffnungsgesetzes in Aussicht. Bäcker Ziebart hat sich in Braunschweig | |
schon mal einen Trick einfallen lassen, um das Verkaufsverbot zu umgehen: | |
In seinem Bäckerei-Café in Watenbüttel lässt er die Brötchen sonntags ab | |
elf Uhr aufschneiden und mit einem Stück Butter bestreichen. Das Brötchen | |
ist dann kein Brötchen mehr, sondern ein sogenanntes veredeltes Produkt - | |
und falle nicht mehr unter das Verkaufsverbot, glaubt Ziebart. | |
Der Sprecher des Amtsgerichts Braunschweig sieht das anders: "Die Anweisung | |
der Veredelung ändert an der Sache nichts." Entscheidend sei, ob das | |
Brötchen für den Verzehr vor Ort im Café zubereitet werde oder für die | |
Mitnahme nach Hause. Letztere ist mit oder ohne Butter untersagt. | |
Bereits vor der Urteilsverkündung am Freitag kündigte Ziebart an, im Falle | |
einer Niederlage in Berufung gehen zu wollen. Sein Anwalt will laut | |
Braunschweiger Zeitung bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Zunächst | |
aber würde eine Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht Braunschweig führen. | |
17 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
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