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# taz.de -- Rassismusvorwurf gegen ESPN: "Ekelerregend und geschmacklos"
> Der wichtigste Sportsender der USA sieht sich Rassismusvorwürfen
> ausgesetzt. Mit einer doppeldeutigen Redewendung soll mehrfach der
> Basketball-Star Lin beleidigt worden sein.
Bild: Der 23-jährige Point Guard der New Yorks Knicks, Jeremy Lin, lieferte am…
BERLIN taz | Jeremy Lin ist derzeit der größte Basketballstar der USA. Der
23-jährige Point Guard der New Yorks Knicks gilt als die
Basketballsensation. Er ist außerdem der erste US-amerikanische NBA-Spieler
taiwanesischer Herkunft. Als Lin 2010 beim NBA-Draft auf den Markt kam,
wollte ihn kein Team verpflichten.
Lin war kein Wunderkind wie Kobe Bryant oder LeBron James. Später spielte
er, mit bescheidenem Erfolg, für die Golden State Warriors und in der NBA
Development League, bevor die Knicks ihn im Vorjahr verpflichteten. Dort
kam es zu einer kleinen Leistungsexplosion, Lin führte das chronisch
schwächelnde Team zu sieben Siegen in Serie und wird nun bereits mit
Michael Jordan verglichen.
Die begeisterten Fans der Knicks haben bereits zahlreiche Wortspiele rund
um ihren unverhofften Star gefunden. "Linsanity" sagen sie, sprechen von
"Linternational Love", und die heimische Arena haben sie schon in "Madison
Square Guard-Lin" umgetauft.
Dermaßen angestachelt, wollte offenbar auch der wichtigste Sportsender der
USA, ESPN, nicht nachstehen - und vergriff sich derart stark im Ton, dass
man sich jetzt mit Rassismusvorwürfen auseinandersetzen muss. Nach einer
Niederlage der Knicks gegen New Orleans am Freitag - es war die erste nach
sieben Siegen hintereinander - titelte das mobile Internetportal des
Senders "Chink in the armor". Chink ist ein Loch oder ein Bruch in einer
Rüstung.
## Fragwürdig formuliert
Die Redewendung spielt allgemein auf die entscheidende Schwäche eines
Systems oder Teams an. Im Deutschen würde man wohl vom "schwächsten Glied
in der Kette" oder der Achillesferse sprechen. Der Redakteur spielte dabei
offensichtlich auf die schwache Leistung Lins an, der neun Turnovers, also
Ballverluste, zu verantworten hatte.
Problematisch oder besser gesagt abstoßend wird die Schlagzeile durch die
Doppeldeutigkeit des Wortes Chink. Es ist nämlich auch ein Schimpfwort für
Menschen chinesischer Herkunft - wie Jeremy Lin. Dem Redakteur muss das
ebenso klar gewesen sein wie jenem ESPN-Moderator, der am Freitagabend
dieselbe Redewendung benutzte, um Lins schlechte Leistung hervorzuheben.
Auch bei einer Radiostation von ESPN fiel der Ausdruck, der Schuldige war
freilich keine Festangestellter von ESPN. Zahlreiche Proteste im Internet
waren die Folge. Die Vereinigung asiatisch-amerikanischer Journalisten
nannte den Vorgang "unentschuldbar", besonders da "in den letzten Wochen
die Diskussionen um Lin und seine Herkunft teilweise unverblümten
Rassismus" hervorgebracht hätten.
Schon Mitte letzter Woche hatte sich Boxweltmeister Floyd Mayweather in
einem Tweet beschwert, der ganze Hype um Lin herrsche nur, "weil er Asiate"
sei. Die meisten Kommentare im Internet hingegen verurteilten die
ESPN-Schlagzeile scharf. "Sind wir wirklich im Jahr 2012?", schreibt da
eine Userin, ein anderer findet den Vorgang "absolut ekelerregend und
geschmacklos".
## Redakteur entlassen
Auch ESPN hat sich mittlerweile klar positioniert. Während es Kevin Ota,
Kommunikationsdirektor für neue Medien beim Sportsender, am Samstag noch
mit einer Entschuldigung versuchte, wurde er am Sonntag deutlicher: Der für
die Schlagzeile verantwortliche Redakteur wurde entlassen, der Moderator
für einen Monat suspendiert.
Außerdem bat ESPN Lin um Verzeihung: "Wir entschuldigen uns bei Jeremy Lin.
Seine Erfolge sind eine Quelle großen Stolzes für die
asiatisch-amerikanische Gemeinschaft und damit auch für die
asiatisch-amerikanischen Mitarbeiter bei ESPN." Jeremy Lin jedenfalls
scheint die Diskussion um seine Herkunft gut zu verdauen. Am Sonntag führte
er die Knicks mit einer Galavorstellung und 28 Punkten zum Sieg über den
Meister Dallas Mavericks.
21 Feb 2012
## AUTOREN
Felix Laurenz
## TAGS
Donald Sterling
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