| # taz.de -- Verbandschef über Privatkassen: "Gleiche Versorgung ist eine Illus… | |
| > Private Krankenversicherungen seien nachhaltiger als gesetzliche Kassen, | |
| > sagt der Verbandschef Leienbach. In einer alternden Gesellschaft würden | |
| > sie als korrektiv dienen. | |
| Bild: "Unbürokratische, versichertenfreundliche Hilfe" – auch beim Tarifwech… | |
| taz: Herr Leienbach, 140.000 privat Krankenversicherte in Deutschland | |
| können ihre Beiträge nicht mehr bezahlen. Implodiert hier gerade ein | |
| System, das sich selbst überholt hat? | |
| Volker Leienbach: Ihre Thesen werden von der Empirie nicht gestützt. Der | |
| Großteil unserer Kunden ist mit der PKV zufrieden. Wir sind ein wachsendes | |
| System mit aktuell 8,95 Millionen Vollversicherten und 22,09 Millionen | |
| Zusatzversicherten. Im Jahr 2011 wechselten - wie schon in den Vorjahren - | |
| deutlich mehr Menschen aus der GKV in die PKV als in umgekehrter Richtung. | |
| Niemand zwingt diese Menschen zum Wechsel. | |
| Beamten und Selbständigen bleibt meist keine andere Wahl als die PKV. Und | |
| diejenigen, die einmal im System sind, sind ihm ausgeliefert. | |
| Der Wechsel zur PKV ist immer freiwillig, und solange Menschen freiwillig | |
| kommen, handelt es sich um ein System, das man in einer freiheitlichen | |
| Gesellschaft doch bitte nicht schwächen, sondern stärken sollte. Nach | |
| Erhebungen des Analysehauses Morgen & Morgen haben 45 Prozent der | |
| Privatversicherten 2012 gar keine Beitragserhöhung zu erwarten. Im Schnitt | |
| liegen die Erhöhungen bei 4,4 Prozent. Die von Ihnen geschilderten | |
| Einzelfälle sind nicht konstitutiv für das System. | |
| Sie sichern diesen Menschen Hilfe zu? | |
| Ja, unbürokratisch, versichertenfreundlich und innerhalb des Systems. Dafür | |
| stehe ich. Für die betroffenen Rentner gibt es schon jetzt innerhalb der | |
| PKV dank des Tarifwechsels preiswertere Alternativen. | |
| SPD, Grüne und Linke wollen im Fall eines Regierungswechsels eine | |
| Bürgerversicherung einführen und die Zweiklassenmedizin in Deutschland | |
| beenden. | |
| Die Bürgerversicherung ist eine symbolische Veranstaltung, die einige | |
| wenige Ideologen beglückt. Sie wird weder die Finanzen der GKV | |
| stabilisieren noch eine bessere medizinische Versorgung bringen. Im | |
| Gegenteil: Die Bürgerversicherung würde die Nachhaltigkeit des gesamten | |
| Gesundheitssystems schwächen. Denn nur die PKV trifft Vorsorge für den | |
| demografischen Wandel. Bei uns sorgt jeder Versicherte selbst für seine | |
| höheren Kosten im Alter vor - während die GKV ihre steigenden Ausgaben | |
| einfach den kleiner werdenden künftigen Generationen überlässt. | |
| Die PKV kämpft daher nicht nur für den Fortbestand, sondern für die | |
| Erweiterung der privaten Vollversicherung. Davon profitieren übrigens auch | |
| die gesetzlich Versicherten: Ohne die PKV, die in dieser Hinsicht wie eine | |
| Art Korrektiv wirkt, wäre der GKV-Leistungskatalog längst geschreddert. | |
| Nennen Sie mir einen einzigen medizinischen Vorteil, der sich aus der | |
| Bürgerversicherung ergäbe! | |
| Der derzeitige Anreiz für Ärzte würde abgeschafft, einige wenige Patienten | |
| aufgrund ihres Versichertenstatus und der damit einhergehenden | |
| unterschiedlichen Honorierung therapeutisch wie terminlich zu bevorzugen - | |
| zulasten der Mehrheit der Patienten. Und die bislang Privatversicherten | |
| könnten sicher sein, dass an ihnen nicht mehr jede innovative und oft | |
| risikoreiche Behandlung ausprobiert wird. | |
| Das ist eine Illusion! Frühzeitig von innovativen Therapien profitieren zu | |
| können, ist ein Vorteil für die Patienten. Und das Gerede davon, dass in | |
| einer Bürgerversicherung alle gleich versorgt würden, widerspricht jeder | |
| Lebenswirklichkeit. Wir haben weltweit viele Beispiele für Einheitssysteme | |
| de jure. Aber kein einziges für ein Einheitssystem de facto. Gerade in | |
| Ländern, in denen de jure ein Einheitssystem existiert, findet die Zwei- | |
| oder Mehrklassenmedizin ihre schärfsten Ausprägungen. | |
| Es gibt dort einen Riesenmarkt an privaten Zusatzversicherungen, und | |
| daneben oft noch graue und schwarze Märkte. Schauen Sie nach England, | |
| Frankreich oder Portugal: Die als gut geltenden Ärzte und Kliniken dort | |
| behandeln längst exklusiv nur noch Selbstzahler oder privat Versicherte. | |
| Wer das Einheitssystem durchsetzen will, der müsste also in der Konsequenz | |
| auch Zusatzversicherungen verbieten, aber da frage ich mich: In welchem | |
| Staat leben wir? | |
| Diese Vorstellung widerstrebt Ihnen auch, weil Sie in Zusatzversicherungen | |
| das künftige Kerngeschäft der PKV sehen? | |
| Das Kerngeschäft der PKV ist und bleibt die Vollversicherung. Eine | |
| Reduktion auf Zusatzversicherungen ist keine Option. | |
| 21 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Haarhoff | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kehrseiten der Privatkassen: Zum Schluss zahlt man drauf | |
| Die Beiträge bei privaten Krankenkassen können sich im Rentenalter | |
| verdreifachen. Viele Versicherte können sich das nicht leisten – haben aber | |
| keinen Ausweg. | |
| Nichtzahler bei Privatkassen: Ein Loch von 500 Millionen Euro | |
| Rund 150.000 privat Versicherte zahlen ihre Beiträge nicht und schulden den | |
| Krankenversicherungen inzwischen eine halbe Milliarde Euro. Die Regierung | |
| will nun "Nichtzahler-Tarife" einführen. | |
| Krankenkassen in Deutschland: Private flüchten in Gesetzliche | |
| Privat versichert, besser versichert? Das sehen viele Krankenversicherte | |
| offenbar anders. Immer mehr wechseln zu Kassen wie der AOK, der Barmer GEK | |
| und der Techniker. |