# taz.de -- Rückzieher: Keine Aussicht auf Erfolg | |
> Die Staatsanwaltschaft akzeptiert den Freispruch des Landgerichts im | |
> Prozess um die Massenschlägerei von Neuwiedenthal. Sie hält eine Revision | |
> für chancenlos. | |
Bild: Trotz Rückzugs der Staatsanwaltschaft: Amor S. muss sich wohl der Revisi… | |
Die Staatsanwaltschaft hat im Neuwiedenthal-Verfahren ihren Antrag auf | |
Revision beim Bundesgerichtshof zurückgezogen. Es ging dabei um eine | |
Massenschlägerei zwischen Anwohnern und Polizisten. Der Beschuldigte Amor | |
S. war vom Landgericht freigesprochen worden. "Wir haben die schriftliche | |
Urteilsbegründung geprüft und sehen keine Aussicht auf Erfolg", sagt | |
Staatsanwaltschaftssprecher Wilhelm Möllers. Seine Behörde halte das Urteil | |
zwar weiter für "rechtlich fragwürdig", aber es sei nicht angreifbar, wenn | |
der einzige Zeuge umfassend von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch | |
macht. | |
Für den 33-jährigen Amor S. ist das Verfahren damit aber noch nicht | |
endgültig abgehakt. Denn Walter Wellinghausen, Ex-Innenstaatsrat und Anwalt | |
des verletzten Polizisten Günter J., den Amor S. laut Anklage durch einen | |
Fußtritt mehrere Frakturen in der Augenhöhle zugefügt haben soll, hält | |
seine Revision aufrecht. "Ich teile die Rechtsauffassung der | |
Staatsanwaltschaft nicht", sagt Wellinghausen der taz. Er begründet seine | |
Revision damit, dass dem einzigen Belastungszeugen und Zivilfahnder Jörg | |
Sch. "kein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden" habe. | |
Sch. war im Prozess vor Gericht kurz aufgetreten, hatte Amor S. des Trittes | |
beschuldigt und dann die Aussage auf Nachfragen oder Fragen der | |
Verteidigung verweigert, da gegen ihn selbst wegen Körperverletzung im Amt | |
ermittelt wurde. "Das Gericht hätte ihn noch einmal hören müssen, was die | |
Staatsanwaltschaft ja beantragt hatte", sagt Wellinghausen, "insofern liegt | |
ein Verfahrensfehler vor". | |
Die Massenschlägerei am 26. Juni 2010 mit fünf verletzten Polizisten begann | |
nach einem Polizeiübergriff gegen einen sogenannten "Wildpinkler". Sie | |
hatte damals einen Aufschrei ausgelöst: Unmittelbar vor der | |
Innenministerkonferenz in Hamburg, wo über härtere Bestrafungen bei Gewalt | |
gegen Polizisten diskutiert werden sollte, überschlugen sich Hardliner mit | |
Vorschlägen - allen voran der damalige Innensenator Christoph Ahlhaus | |
(CDU). Er forderte die "volle Härte des Rechtsstaates". | |
Auch der Prozess im vorigen Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung gegen | |
Amor S. stand medial unter Schussfeuer, nach dem die Kammer zunächst den | |
Haftbefehl außer Vollzug und dann mangels dringenden Tatverdachts | |
aufgehoben hatte. Da der Zivilfahnder Sch. die Aussage verweigerte, müssten | |
seine Angaben einer "doppelten Glaubwürdigkeitsprüfung" unterzogen werden | |
und dieser halte Sch.s kurze Aussage nicht stand, sagte Richterin Birgit | |
Woitas zur Begründung. "Hinsichtlich des Kerns des Tatgeschehens fehlt die | |
Stringenz." | |
Zudem hätten Zeugen bekundet, dass Amor S. während des Tohuwabohu | |
deeskalierend agiert habe. Am 23. September 2011 wurde S. freigesprochen. | |
21 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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