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# taz.de -- Filmstart "Young Adult": Die Schmerzen der Schönheitskönigin
> In "Young Adult" von Jason Reitman spielt Charlize Theron eine zutiefst
> gespaltene Frau. Die Fassade der erfolgreichen Schriftstellerin bröckelt.
Bild: Charlize Theron trinkt sich Mut an.
Es ist die Schaden- und eben nicht die Lebensfreude, die als deutsches
Fremdwort den Eingang in andere Sprachen geschafft hat. Dabei ist die
Neigung, sich am Unglück anderer zu freuen, kaum eine urdeutsche Erfindung,
und wenn doch, dann müsste "Young Adult" hierzulande zum Kassenschlager
werden. Was eher unwahrscheinlich ist.
Der Film von Jason Reitman nach einem Drehbuch von Diablo Cody erzählt eine
auf den ersten Blick uramerikanische Geschichte: die vom schönsten und
meistbewunderten Mädchen der Schule, von der "Prom Queen" der Highschool,
die anderthalb Jahrzehnte später merken muss, dass jene Zeit als "Königin"
schon die besten Jahre ihres Lebens waren.
Und da sich die meisten eher mit der Rolle der ehemaligen Mitschüler
identifizieren, mit denjenigen, die einst im Schatten ihrer Schönheit und
Beliebtheit standen, macht tatsächlich die Schadenfreude einen Teil des
Vergnügens an "Young Adult" aus.
## Zeilenschinderei statt Schriftstellertum
Mavis (Charlize Theron), das zeigen schon die ersten Szenen, ist eine
zutiefst gespaltene Person. Einerseits scheint die Frau das vielzitierte
"Alles" zu haben: Sie sieht umwerfend aus, hat Erfolg im Beruf und eine
tolle Wohnung in einer großen Stadt. Nur dass das Schriftstellertum, dessen
sie sich rühmt, sich schließlich als Zeilenschinderei für eine
Jugendbuchserie - daher der Titel: "Young Adult" - herausstellt, für deren
Ideen andere den Credit übernehmen.
Zudem ist sie alleine, ihre Wohnung wirkt ziemlich verwahrlost. Das ist ein
Zustand, in den sich auch Mavis selbst zurückfallen lässt, sobald sie keine
Blicke mehr auf sich gerichtet wähnt.
Dieses operative Einsetzen der eigenen Schönheit als Alltagswaffe spielt
Theron mit einer ans Unheimliche grenzenden Selbstverständlichkeit: Eben
noch hat man eine ungepflegte, missmutige Frau mit dünnen Haaren, bleicher
Haut und starren Gesichtszügen vor sich, aber sobald sie etwas zu wollen
beginnt, genügt eine kurze Routine des Frisierens, Kleidens und Schminkens
und schon erstrahlt die Schönheitskönigin in neuem Glanz, Charme und
Lächeln.
## Den Highschoolschatz zurückerobern
Es muss sich um ein vielfach erprobtes Erfolgsrezept handeln: Denn als
Mavis die Nachricht erhält, dass ihr Ex aus Highschool-Zeiten Vater
geworden ist, beschließt sie kurzerhand, ihn zurückerobern zu wollen. Für
keinen Moment kommt ihr der Gedanke, dass es zur Umsetzung dieses Plans
vielleicht mehr als Make-up und ein aufregendes Kleid bräuchte.
Sie fährt also in ihre Heimatstadt zurück, völlig gefangen in der
Vorstellung, dass sie dort von allen dafür bewundert wird, aus dem
Provinznest entflohen und Bestsellerautorin geworden zu sein. Es wird fast
den ganzen Film dauern, bevor sie sich auch nur in Ansätzen von dieser
Einbildung befreit.
Jason Reitman und Diablo Cody gelang als Regisseur und Drehbuchduo vor fünf
Jahren ein kleines Independentfilmwunder. "Juno", gedreht mit einem Budget
von 7,5 Millionen Dollar, spielte weltweit über 230 Millionen ein. Der
Film, in dessen Zentrum eine schwangere, aber beherzte Teenagerin mit
höchst flottem Mundwerk stand, verdankte seinen Erfolg zu großen Teilen den
extremen Sympathiewerten seiner Hauptfigur.
## Eine Filmheldin, die man nicht mag
Man kann von daher das Duo Reitmann/Cody nur dafür bewundern, dass sie für
"Young Adult" den ganz gegenteiligen Weg eingeschlagen haben. Mavis ist
eine Filmheldin, die in einem Maße abstößt, das es fast schwer macht,
diesen Film zu mögen.
Zumal auch der Rest der auftretenden Figuren keinen Ausgleich schafft:
nicht die nervig-gutmütigen Eltern, die Mavis unter Zwang besucht, nicht
der brave Ex, der mit seinem Schicksal vollkommen zufrieden ist, und auch
nicht dessen Gattin, die Mavis bald dadurch demütigt, dass sie so
wahnsinnig nett zu ihr ist.
Es gibt nur einen, der ihr ein richtiges Gegenüber bildet: der
unansehnliche Matt (Oswald Patton), der zugleich ihr Antipode und ihr
Spiegel ist. Matt war einst einer der unbeliebtesten Schüler, wurde als
vermeintlich Schwuler bei einer Gewaltattacke schwer verletzt - und sah
sich dann von allen Sympathisanten verlassen, als sich herausstellte, dass
er gar nicht schwul ist. Er kommt für Mavis so wenig infrage, dass er der
Einzige ist, bei dem sie sich nicht verstellen muss und der deshalb mit ihr
mitfühlt.
In einem schlechteren Film, der dafür ein gutes Gefühl machen würde, kämen
diese beiden am Schluss zusammen und zeigten es der Welt. "Young Adult"
aber verzichtet mutig auf den Feelgood-Aspekt und konfrontiert den
Zuschauer stattdessen mit der Schalheit der eigenen Schadenfreude.
23 Feb 2012
## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
Hollywood
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