# taz.de -- Gegen polnische AKW-Pläne: Berlin zückt das Strahlenschwert | |
> Polen will nahe der deutschen Grenze sein erstes Atomkraftwerk bauen. Am | |
> Donnerstag wollen sich alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus dagegen | |
> aussprechen. | |
Bild: Stellen Sie sich vor, es wäre die Oder: AKW im französischen Cattenom. | |
BERLIN taz | Die Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus fordern die | |
polnische Regierung zum Verzicht auf deren geplantes Atomenergieprogramm | |
auf. Dieser parteiübergreifende Antrag soll heute im Abgeordnetenhaus | |
verabschiedet werden. In dem Papier werben die Fraktionen zudem für Berlin | |
als Standort für eine stärkere deutsch-polnische Zusammenarbeit im Bereich | |
der erneuerbaren Energien. Doch die Wirkung des Antrags dürfte in beiden | |
Bereichen zunächst eher symbolisch bleiben. | |
Nur kurze Zeit nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima hatte der | |
polnische Regierungschef Donald Tusk seinen festen Glauben an die Atomkraft | |
unterstrichen: "Wenn jemand keine Atomkraftwerke bauen will, dann ist das | |
sein Problem", verkündete Tusk damals. Auch ein knappes Jahr nach dem | |
Unglück in Japan hält Polen an seinen Plänen fest: Spätestens in zehn | |
Jahren soll das Land sein erstes Atomkraftwerk bekommen, zwei weitere | |
sollen folgen. | |
Doch während der Einstieg in die Atomenergie bisher eine breite | |
Unterstützung bei den polnischen Parteien findet - auch um die Abhängigkeit | |
von russischen Energieimporten zu mindern -, ist die Skepsis bei den | |
deutschen Anrainerbundesländern groß. Wo genau die AKWs errichtet werden | |
sollen, ist zwar noch unklar, doch keiner der vier in der näheren Auswahl | |
befindlichen Standorte liegt weiter als 300 Kilometer von der deutschen | |
Grenze entfernt. | |
Im vergangenen November haben im Brandenburger Landtag bereits die | |
Fraktionen von SPD, Linke und Grünen ihre Ablehnung des polnischen | |
Atomprogramms in einem Antrag zum Ausdruck gebracht. Zudem hat der | |
brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck das Thema bei einem | |
Treffen mit dem polnischen Vizepremier Waldemar Pawlak angesprochen. | |
## "Ein politisches Signal" | |
Im Berliner Abgeordnetenhaus wollen nun alle Fraktionen den Antrag | |
verabschieden. Weil die Risiken der Atomenergie nicht vor Landesgrenzen | |
halt und die Reaktorkatastrophe von Fukushima eine Neubewertung der | |
Atomenergie nötig machten, solle Polen sein Atomprogramm überprüfen, | |
fordern sie, und auf den Bau von Kernkraftwerken verzichten. | |
"Unbenommen bleibt das Recht der Republik Polen, ihren Energiemix nach | |
eigenen Vorstellungen im Rahmen des EU-Rechts zu gestalten", heißt es | |
allerdings in dem Antrag, dessen Text auf einen Entwurf der Grünen | |
zurückgeht - der Einfluss Berlins auf die polnische Energiepolitik ist | |
begrenzt. | |
"Wir wollen aber ein Signal der Unterstützung für die polnischen | |
Kernkraftgegner setzen", sagte Michael Schäfer, grüner Sprecher für | |
Klimaschutz und Energiepolitik, der taz. Im ersten Entwurf des Textes vom | |
November hatten die Grünen den Berliner Senat noch aufgefordert, ein | |
Beschwerdeverfahren bei der EU-Kommission gegen das polnische | |
Atomkraftprogramm einzuleiten. Hintergrund sind Widersprüche bei der von | |
der EU vorgeschriebenen Strategischen Umweltprüfung, hieß es. | |
Auch seien die AKW-Pläne womöglich nicht mit der EU-Richtlinie zum | |
Elektrizitätsmarkt zu vereinbaren. In dem heute zur Abstimmung vorliegenden | |
Antrag klingt dies nun allerdings moderater, weil vor allem SPD und CDU | |
diplomatische Rücksichtnahme anmeldeten: Die Abgeordneten fordern den Senat | |
nun auf, die vorgebrachten Bedenken zu überprüfen und gegenüber der | |
Bundesregierungen, der polnischen Regierung sowie der EU deutlich zu | |
machen. | |
Polen setze mit dem geplanten Atomeinstieg das falsche Signal, findet zwar | |
auch Daniel Bucholz, SPD-Sprecher für Umwelt und Energie. Er räumt | |
allerdings ein, dass die Wirkung des Antrags in Polen ungewiss ist. "Wir | |
wollen zumindest ein politisches Signal setzen, wie es bereits Brandenburg | |
und Mecklenburg-Vorpommern getan haben", sagte Buchholz der taz. | |
Jacek Biegala, Presseattaché der polnischen Botschaft in Deutschland, | |
betonte gegenüber der taz, dass sein Land die Einwände aus Deutschland | |
ernst nehmen werde. Er habe bereits Vertreter deutscher | |
Umweltorganisationen zu Diskussionen in die Botschaft geladen. "Die | |
Diskussionen in Deutschland sind auch eine Bereicherung für die | |
Diskussionen in Polen." Dennoch, sagte Biegala, "sehen wir im Moment keine | |
Alternative zu der Errichtung von Atomkraftwerken." | |
22 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kulms | |
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Die Antiatomkraftbewegung müsste noch einmal auf die Straße gehen - gerade | |
auch die in Ostdeutschland. Aber hier war die Bewegung nie wirklich stark. |