# taz.de -- Nada Surf mit neuem Album: Sicher surfen durch die Identitätskrise | |
> Mit "The Stars Are Indifferent To Astronomy" veröffentlichen Nada Surf | |
> ihr siebtes Studioalbum. Es ist behaglich-melancholisch, aber keineswegs | |
> depressiv. | |
Bild: Nada Surf hat den zweifelnden Blick auf die Welt kultiviert. | |
"Ich bin ein manisch Depressiver ohne Depression", soll Matthew Caws mal | |
gesagt haben. Was nach aufgesetztem Selbstmitleid klingen könnte, wirkt | |
beim Nada-Surf-Frontmann aber wie ein liebenswertes Bekenntnis: Seit jeher | |
scheint der New Yorker sich und seine Texte sicher durch alltägliche | |
Identitätskrisen zu manövrieren. An Tiefe hat es ihm dabei in den letzten | |
20 Jahren nie gemangelt. | |
Pünktlich zum Jubiläum ist nun das siebte Studioalbum "The Stars Are | |
Indifferent To Astronomy" beim Berliner Label Cityslang erschienen. Es ist | |
ein druckvolles Rockalbum geworden, das eigentlich besser zu warm | |
ausgestrahlten Sommerabenden passt, als in den derzeitigen | |
Schneeregenmatsch. | |
Sicher ist es auch der laut Caws klaren Vorgabe geschuldet, die in zwei | |
Jahrzehnten quer über den Globus angehäufte Konzerterfahrung mit ins Studio | |
zu nehmen. Aufgezeichnet wurde das Album im Brooklyner Loft von Bassist | |
Daniel Lorca. | |
Erstmalig seit dem Debüt "High Low" 1996 ("Popular") kehrten Nada Surf | |
damit zur Aufnahme nach New York zurück. Das Trio um Caws, Lorca und | |
Drummer Ira Elliot wurde um den Gitarristen Doug Gillard (Guided by Voices) | |
erweitert und mit Chris Shaw (Bob Dylan, Wilco, Super Furry Animals) eine | |
helfende Hand am Mischpult gefunden. | |
## Lebensnahe Philosophie | |
Die behaglichen Rahmenbedingungen merkt man "The Stars Are Indifferent To | |
Astronomy" auch an. Sänger Caws hat sie mit den Worten "making this album | |
was the most fun weve had with a record" umschrieben. Es geht knackig mit | |
"Clear Eye Clouded Mind" los. Nach dem melodisch ausgereiften, fixen | |
Gitarrentrack folgt das introspektive "Waiting for something" - thematisch | |
einer der zentralen Songs des Albums. Seicht, hymnisch und mit | |
Popschlagseite kommt der Song daher und knüpft an die lebensnahe | |
Philosophie ihres Erfolgsalbums "Let Go" von 2002 an. | |
Damals wurde die unaufgeregte Band endgültig zur relevanten Stimme einer | |
von Selbstzweifeln angefressenen Indie-Generation jenseits der zwanzig. | |
Weit bevor beispielweise der Songwriter Gisbert zu Knyphausen die Massen | |
mit seiner ausgefeilten Melancholie abholte, sang Matthew Caws unschlagbar | |
treffend: " All I am is a body floating down-wind / Whats wrong? / Nothing | |
/ Are you sure nothings wrong? / Yeah / But youre sad about something / | |
Yeah / So tell me what / I dont know / I cant tell you." | |
Damit war alles gesagt. Heute ist daraus ein selbstverständliches Stadium | |
des Wartens ("It always feels like waiting für something"), ein | |
bewusst-kritisches Erwachsensein geworden. Nicht ohne den weisen - auch | |
musikalisch ausgereiften - letztlich romantischen Ton zu treffen, den die | |
New Yorker seit jeher spielerisch beherrschen. | |
Genau dies versöhnt beim aktuellen Album einen wehmütigen Rückblick ("Its | |
never too late for teenage dreams") auf das Erlebte mit der stetig | |
hinterfragten Hoffnung auf die Zukunft: "Every birthday candle / that ever | |
got blown out / is one more year / of someone trying / to figure it all | |
out." Diese Geschichte erzählen das zunächst folkysongwritermäßige "When I | |
was Young" und der Song "Teenage Dreams", bevor die gesammelte kräftige | |
Poesie von "The Stars Are Indifferent to Astronomy" im letzten melodischen | |
Harmonienkreisel mit "The Future" verebbt. | |
Herausgekommen ist ein kleines Konzeptalbum über die Zeit: hemdsärmelig, | |
erdig im Klang - eigentlich der perfekte Soundtrack zum Autofahren übers | |
Land. Der 44-jährige Matthew Caws hat seine "Depression" weiterhin ganz gut | |
im Griff und letztlich ein Versprechen erneuert, dass er und seine Kollegen | |
schon vor zehn Jahren mit "Let Go" gaben: "Im just a happy kid / stuck with | |
the heart of a sad pun". | |
24 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jan Scheper | |
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