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# taz.de -- Kommentar Euro-Rettungspaket: Europa zum Fürchten
> Das wichtigste Recht der Parlamente wird geopfert: Haushalte zu
> verabschieden. Das Europa, das Merkel vorschwebt, wird ungleicher sein,
> nicht etwa gleicher.
Kaum fünf Seiten umfasst der Antrag zum zweiten Rettungspaket für
Griechenland, das der Bundestag am Montagnachmittag absegnete. Weit über
700 Seiten freilich hat der Anhang.
Müßig sind also die Wetten darüber, wie gründlich die Erörterung in den
Fraktionen zuvor ausgefallen sein dürfte. Die Texte stehen nur mehr
symbolisch dafür, wer von der Bewältigung der Eurokrise noch wie viel
versteht: Schnell sind die neuen Summen benannt, 130 oder 165 Milliarden,
aha. Und das Wie und Wofür steht dann wohl in den Anlagen.
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wurde mit seiner skeptischen
Einlassung vom Wochenende von Kanzlerin Angela Merkel rasch abgewürgt. Doch
zeugte Merkels sehr vorsichtige Regierungserklärung gestern ja davon, dass
im Kabinett manchmal noch diskutiert wird.
Das lässt sich von SPD und Grünen nicht behaupten. Jedenfalls schlägt es
sich nicht im Stimmverhalten nieder, wenn etwa der SPD-Finanzpolitiker Peer
Steinbrück genüsslich auflistet, warum das Hilfspaket verlogen formuliert
ist, die Banken mit Steuergeld päppelt und sein Ziel nicht erreichen wird.
Man stimmt dem Regierungskurs zu und glaubt, dass dies als Souveränität
gewertet werde.
Das aber verleiht jeder Kritik den Charakter der bloßen Anekdote. Dabei
müsste das Europa, das aus dieser Euro-Politik erwächst, mindestens Teile
von SPD und Grünen das Fürchten lehren. Denn Merkel verkündet vor den Ohren
der Welt, dass künftig jedes Land seine Produkte zu den Bedingungen des
weltweiten Wettbewerbs produzieren muss. Die Staatsapparate, bislang
Dämpfer des Konkurrenzdrucks, werden geschrumpft.
Das wichtigste Recht der Parlamente – Haushalte zu verabschieden – wird
geopfert, um Nationen auf den deutschen Wirtschaftskurs zu zwingen. Dieser
lässt sich jedoch selbst für dieses Auto- und Maschinenbauerland nur dann
als erfolgreich bezeichnen, wenn man die sozialen und ökologischen Kosten
vergisst, die dafür bezahlt wurden und werden. Das deutsche Beispiel lehrt:
Solch ein Europa wird ungleicher sein, nicht gleicher.
Eines Tages, behaupten SPD wie Grüne, sollen Europäisches Parlament und
europäische Öffentlichkeit genug Macht haben, um Fehlentwicklungen zu
korrigieren. Die Idee dabei: Die europäischen Bürger holen sich die
Demokratie zurück. Fragt sich bloß, wie viel dann noch davon übrig ist.
27 Feb 2012
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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