# taz.de -- Energiewende schafft Probleme: Biogas stört den Stör | |
> Gär-Abfälle aus Biogasanlagen werden als Dünger auf den Feldern entsorgt, | |
> sagen Umweltschützer. Das Nitrat lande in der Oste und mache Lachs und | |
> Stör das Leben schwer. | |
Bild: Wird nicht heimisch, wenn Nitrate im Flusswasser sind: der Stör. | |
HAMBURG taz | Die Überdüngung der Äcker könnte dazu führen, dass der | |
Versuch scheitert, in der Oste wieder den Stör und den Lachs heimisch zu | |
machen. Davor hat der Umweltverband VSR-Gewässerschutz nach der Auswertung | |
von Gewässerproben in dem Gebiet zwischen Hamburg, Bremen und Cuxhaven | |
gewarnt. Als Treiber der Überdüngung sieht der Verband, der sich einmal als | |
„Verein zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse“ gegründet hat, die | |
wachsende Zahl an Biogasanlagen. | |
Mit Biogasanlagen, in denen im wesentlichen Strom erzeugt wird, lässt sich | |
aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) viel Geld verdienen – und | |
das bei einem guten Gewissen, schließlich tragen sie zur Energiewende bei. | |
Mittlerweile gehören die runden, grünen Silos an vielen Orten zum | |
Landschaftsbild. | |
Die kleinen Kraftwerke werden mit Gülle, einem Abfallprodukt der | |
Tierhaltung, und zu einem großen Teil mit Mais befeuert. Mais | |
mitzuvergären, ist attraktiv, weil er mehr Energie enthält als Gülle. | |
Angebaut wird er in der Regel in der Nachbarschaft, um die Transportkosten | |
zu minimieren. Das hat dem Maisanbau zusätzlichen Auftrieb gegeben. | |
Zwar betont der Fachverband Biogas, dass bundesweit mehr als drei Viertel | |
des Maises noch immer als Tierfutter für die Fleischproduktion angebaut | |
werden. Der VSR-Gewässerschutz hat jedoch in einigen Gegenden eine fatale | |
Kreislaufwirtschaft ausgemacht, in deren Zentrum der Mais steht: In | |
Biogasanlagen vergoren, wird er Teil des sogenannten Gärsubstrats, des | |
Abfalls der bei der Biogaserzeugung entsteht und irgendwo entsorgt werden | |
muss. | |
An sich handelt es sich dabei um wertvollen Dünger – allerdings um einen, | |
der sich nicht weit transportieren lässt. „Der Gärrestetransport ist | |
unattraktiv wegen des hohen Wassergehalts“, bestätigt Georg Friedl vom | |
Fachverband Biogas. In den Augen des VSR liegt hier ein Problem: | |
Biogasanlagenbetreiber düngen mit den Gärresten die Maisfelder vor ihrer | |
Haustür, die so viele Nährstoffe aber gar nicht aufnehmen können. | |
„Mais gehört zu den wenigen Pflanzen, die zu viel Dünger vertragen“, sagt | |
Harald Gülzow vom VSR. Hier kann der Landwirt, wenn er es drauf anlegt, | |
auch mal mehr loswerden, ohne dass es den Kulturen schadet – wohl aber dem | |
Grundwasser. Möglich macht das eine Besonderheit der Düngemittelverordnung. | |
Die darin festgelegte Obergrenze für Stickstoff aus Gärresten | |
berücksichtigt nur den Stickstoffanteil der tierischen, nicht aber den, der | |
pflanzlichen Ursprungs ist. Enthält das Gärsubstrat viele Maisreste, kann | |
der Bauer mehr Stickstoff ausbringen. | |
Zwar weist der Fachverband Biogas darauf hin, dass es für jeden Acker mit | |
einer bestimmten Kultur eine Obergrenze für den Stickstoff aus Gärresten, | |
Gülle und Mineraldünger gibt. Der VSR vermutet trotzdem, dass viele | |
Maisäcker überdüngt werden und der überschüssige Stickstoff im Wasser | |
landet. | |
Die Umweltschützer, die in ganz Deutschland Wasserproben untersuchen, | |
beobachten seit zehn Jahren einen Anstieg der Nitrate im Grundwasser. | |
Nachweisen lasse sich das für das Einzugsgebiet der Unstrut bei Sömmerda. | |
„Das einzige, was sich da verändert hatte, war, dass dort 18 Biogasanlagen | |
gebaut worden sind“, sagt Gülzow. | |
In der Oste hat der VSR Nitratwerte von jeweils 14 Milligramm pro Liter bei | |
Sittensen und Bremervörde sowie 17 Milligramm bei Hemmoor ermittelt. Um | |
einen guten Gewässerzustand zu erreichen, seien allenfalls elf Milligramm | |
zulässig. Stör und Lachs seien darauf für ihre Fortpflanzung angewiesen. | |
Würden neue Biogasanlagen genehmigt, müsse genau geklärt werden, wo die | |
Gärreste entsorgt werden, fordert der VSR. Zudem dürfe ein Randstreifen an | |
der Oste gar nicht gedüngt werden, um Nährstoffeinträge zu verhindern. Nur | |
dann könnten die Fische wieder heimisch werden. | |
6 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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