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# taz.de -- Neben einer starken Frau: „Wenn ich segele, bin ich der Kapitän�…
> Wilhelm Pieper ist nicht neidisch, dass seine Frau, Renate
> Jürgens-Pieper, erst in Niedersachsen als Kultusministerin, dann als
> Bremer Bildungssenatorin erfolgreicher war als er.
Bild: Äußere sich eigentlich in der Öffentlichkeit nicht mehr, seit seine Fr…
taz: Herr Pieper, Ihr Handy klingelt.
Wilhelm Pieper: Das ist meine Frau, das mache ich jetzt mal aus.
Hat sie Ihnen denn überhaupt erlaubt, mit mir zu sprechen?
Dafür brauche ich keine Genehmigung.
Immerhin ist Renate Jürgens-Pieper die Bremer Bildungssenatorin…
Deswegen möchte sie auch nicht, dass wir… aber das ist jetzt mal eine
Ausnahme. Im Prinzip äußere ich mich in der Öffentlichkeit nicht mehr,
seitdem sie politische Verantwortung hat. Ich habe mich zu
bildungspolitischen Fragen früher gern geäußert. Aber das geht nicht, das
würde völlig missverstanden.
Inwiefern?
Dann hieße es immer: Der Mann der Staatssekretärin, der Mann der
niedersächsischen Kultusministerin, der Mann der Bremer Bildungssenatorin.
Das wäre unvermeidbar und ich kann das akzeptieren. Ich schreibe auch keine
Leserbriefe mehr, was ich gern täte. Die Menschen denken dann: „Guck mal,
jetzt hat sie ihren Mann gebeten, etwas zu schreiben.“ Das geht nicht, da
muss ich mich disziplinieren.
Bis 1990 waren es ja eher Sie, der die Karriere gemacht hat.
Ja, in Ansätzen. Eine Schule zu leiten, ist schon „Karriere“. Wir sind
beides Aufsteiger. Sie kommt aus einer Facharbeiter-Familie aus
Braunschweig und war das erste Kind, das auf eine Hochschule gegangen ist.
Ich bin konservativ-katholisch aufgewachsen. Nach der Schule meldete ich
mich zu Bundeswehr, ich war auch in der Schüler Union. Zu Willi Brandts
Zeiten trat ich in die SPD ein, als erster Offizier in einem
Panzergrenadier-Bataillon. Von der Bundeswehr habe ich profitiert, bin
daran gewachsen und habe Karriere gemacht. Später dann ja als Pädagoge.
Aber Ihre Frau hat Sie überholt.
1990, kurz nachdem ich Schulleiter wurde, wurde sie als Staatssekretärin im
niedersächsischen Kultusministerium meine Vorgesetzte.
Wie war das für Sie?
Unproblematisch. Ich bin doch in Hierarchien aufgewachsen und kann mit
ihnen umgehen.
Die Kommando-Struktur hat einfach gewechselt?
… und ich habe das angenommen. Ich musste Taktgefühl beweisen und nicht den
Eindruck entstehen lassen, dass sie mir hilft. Wir sind beide nicht das
erste Mal verheiratet. Da achtet man mehr darauf, dass die Wertschätzung
erhalten bleibt und nicht an Unwichtigem zerbricht.
Sie waren beide immer berufstätig?
Als die Kinder klein waren, haben wir wechselweise halbtags gearbeitet,
meine Frau hat mehr reduziert als ich. Später zogen die Schwiegereltern zu
uns, ein privatistisches, aber sehr komfortables Familienmodell.
Wegen der Kinder den Job ruhen zu lassen, kam nie in Frage?
Nein. Nur einmal. Ich habe eine Affinität zu Schweden, wollte mein Leben
lang die Deutsche Schule in Stockholm leiten. Dann war die Stelle frei, die
Kinder aber noch ziemlich klein und meine Frau war gerade Kultusministerin
in Niedersachsen geworden. Da konnte ich nicht nach Schweden ziehen.
Sie konnten nicht mehr richtig durchstarten?
Nein, aber es reicht auch, wenn einer in der Familie das macht. Es ist zwar
nicht im klassischen Muster gewesen, so hat es der Zufall gewollt. Aber er
ist auch schon nach den richtigen Fähigkeiten verteilt.
Was hat sie, was Sie nicht haben?
Sie hat einen analytischen Verstand, ein wesentlich höheres
Energiepotenzial, arbeitet zwölf Stunden am Tag und sie ist auch immer gut
drauf, im Gegensatz zu den Munkeleien.
Sie wollten nie in die Politik?
Was sie macht, könnte ich nicht. Ich habe sie zu keinem Zeitpunkt beneidet
– sich erst mit Gerhard Schröder, dann mit Gerhard Glogowski, dann mit
Sigmar Gabriel rumzuschlagen.
Haben Frauen es schwerer in der Politik?
Traditionell ist es eine männerdominierte Welt, wie viele andere auch.
Frauen haben alle diese Eigenschaften auch, die sie da benötigen.
Vielleicht sogar manche erst recht.
Den Konservatismus der Jungen Union haben Sie hinter sich, sind wie Ihre
Frau von der SPD zu den Grünen und zurück gewechselt. War es da einfacher,
eine starke Frau an der Seite zu akzeptieren?
Ich glaube nicht, das es Linken leichter fällt, solche anti-traditionellen
Verschiebungen im Beziehungsgefüge auszuhalten. Da wird vielleicht so getan
als ob.
Also sind Sie zu Hause der Chef?
Wir sind jetzt in einer Altersphase, wo das nicht mehr so eine Rolle
spielt. Wenn ich mit ihr segele, bin ich der Kapitän. Sie hat in ihrer
Jugend als Leistungssportlerin gesegelt und kann Dinge intuitiv, die ich
nicht mehr lernen kann. Manchmal guckt sie mich ganz verzweifelt an und
fragt: „Merkst du denn gar nicht, dass der Wind gedreht hat?“ Aber ich
mache den Haushalt, koche gern, habe mehr Zeit zum Einkaufen.
Sind Sie der starke Mann hinter der Senatorin?
Nein. Sie will meine Meinung hören, auch wenn sie sie nicht immer annimmt.
Menschen, die so ein Amt haben, brauchen jemanden, der ihnen zu Hause
zuhört und alles noch einmal durchkaut. Also es wird alles jeden Abend
erörtert, und wenn ich nicht da bin, in stundenlangen Telefonaten.
7 Mar 2012
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Lesestück Interview
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