# taz.de -- Bundestagsausschuss zu Nazis tagt: Konflikte mit den Akten | |
> Der Neonazi-Untersuchungsauschusses tagte erstmals öffentlich im | |
> Bundestag. Ombudsfrau Barbara John fordert weitere Hilfen für Betroffene. | |
Bild: Barbara John vor dem Untersuchungsausschuss zum rechten Terror. | |
BERLIN taz | Was wollen die Hinterbliebenen? Nachdem sie meist erst aus den | |
Medien erfuhren, dass eine Neonazi-Zelle hinter den Morden an ihren | |
Angehörigen steckte, möchten sie zumindest jetzt über die Ermittlungen auf | |
dem Laufenden gehalten werden. | |
Manche wünschen sich auch Gedenkorte, die an die Opfer erinnern. Und viele | |
brauchen ganz konkrete Hilfe – bei der Einbürgerung, um ihr Studium zu | |
finanzieren oder weil ihnen droht, dass die Behörden ihre Entschädigungen, | |
die sie vom Bund bekommen haben, nun mit staatlichen Sozialleistungen | |
verrechnen. Das berichtete die Ombudsfrau für die Angehörigen der | |
Neonazi-Opfer, Barbara John. | |
Der Untersuchungsausschuss hatte am Donnerstag die ehemalige | |
Ausländerbauftragte des Berliner Senats sowie zwei Expertinnen der | |
Opferhilfe-Organisation Weißer Ring und der mobilen Opferberatungsstelle | |
Ezra in Thüringen eingeladen, um bei seiner ersten öffentlichen Sitzung die | |
Opfer des rassistischen Terrors ins Zentrum zu rücken. | |
Barbara John nutzte die Gelegenheit, um zu fragen, ob die Polizeiarbeit in | |
Deutschland auf die Erfordernisse eines Einwanderungslands zugeschnitten | |
sei. Als Vorbild verwies sie auf Irland, wo es eine Beschwerdestelle für | |
rassistisches Fehlverhalten bei der Polizei gebe. Auch der | |
Alltagsrassismsus sei ein Problem: So hätten sich Betroffene aus Köln | |
darüber beschwert, dass sie an ihrer Berufsschule regelmäßig mit rechten | |
Sprüchen und „Heil Hitler“-Grüßen belästigt würden. | |
Am Rande ging es in der Ausssprache auch um die Arbeitsbedingungen der | |
Ombudsfrau, die Ende Dezember 2011 im Auftrag der Bundesregierung ihre | |
Arbeit aufnahm und seither Ansprechpartnerin für rund 66 Betroffene ist. | |
Das meiste macht sie selbst, seit Montag hat ihr das Justizministerium eine | |
Hilfskraft auf 400-Euro-Basis zur Seite gestellt. Doch Barbara John wollte | |
sich darüber nicht beschweren. | |
## Sichtung der Aktenberge | |
Zuvor hatte sich der Ausschuss in einer nichtöffentlicher Sitzung am Morgen | |
mit der vierköpfigen Bund-Länder-Regierungskommission abgestimmt und den | |
Strafrechtsexperten Bernd von Heintschel-Heinegg zum | |
Ermittlungsbeauftragten benannt: Er soll bei der Sichtung der Aktenberge | |
helfen. | |
Heintschel-Heinegg ist Honorarprofessor für Strafrecht und | |
Strafprozessrecht an der Universität Regensburg und leitete als Richter den | |
Prozess um den von Neonazis geplanten, aber vereitelten Bombenanschlags auf | |
das Jüdische Zentrum in München. | |
Aus den Bundesländern hat der Untersuchungsausschuss bereits Akten | |
angefordert, doch hier zeichnen sich Konflikte ab. Vier Wochen nach dem | |
Start habe man noch keine einzige Akte erhalten, klagte Sebastian Edathy | |
(SPD), der den Ausschuss leitet. „Es holpert an der Stelle noch gewaltig“, | |
findet auch der FDP-Obmann in dem Ausschuss, Hartfrid Wolff. | |
Auch für die Freistellung der geladenen Zeugen gebe aus den Ländern noch | |
keine konkreten Zusagen. Er erwarte deshalb bei der Innenministerkonferenz | |
am 22. März „ein klares Signal“. Niedersachsens Innenminister Schünemann | |
(CDU) stellt sich bisher etwa noch stur. | |
8 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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