# taz.de -- Nach dem Massaker in Afghanistan: Karsai-Delegation unter Beschuss | |
> Schüsse am Ort des Amoklaufs: Afghanische Regierungsvertreter sind im | |
> Süden Afghanisten angegriffen worden – dort, wo ein US-Soldat 16 Menschen | |
> getötet hatte. Ihm droht die Todesstrafe. | |
Bild: Die Demonstranten in Dschalalabad skandieren US-feindliche Parolen wie �… | |
PANDSCHWAI dpa/afp/dapd | Eine hochrangige Regierungsdelegation zur | |
Untersuchung des Mordes an Zivilisten in Südafghanistan ist am Ort des | |
Massakers von Aufständischen angegriffen worden. Ein Reporter der | |
Nachrichtenagentur dpa, der die Delegation am Dienstag in den Distrikt | |
Pandschwai begleitete, berichtete von Explosionen und Schüssen. | |
Sicherheitskräfte erwiderten das Feuer der Aufständischen, die von | |
verschiedenen Seiten aus angegriffen hätten, sagte er. Das Gefecht dauere | |
an. Mindestens ein Zivilist sei verletzt worden. | |
Ein US-Soldat hatte in der Nacht zum Sonntag im Distrikt Pandschwai nach | |
afghanischen Regierungsangaben 16 Zivilisten ermordet, darunter neun | |
Kinder. Die Taliban hatten Rache für jeden Einzelnen der Toten angekündigt. | |
Das Massaker hat in Afghanistan Wut, Entsetzen und harte Kritik an den | |
ausländischen Truppen ausgelöst. | |
Zu der von Präsident Hamid Karsai ernannten Delegation gehören unter | |
anderem der Stabschef der afghanischen Armee sowie der Gouverneur und der | |
Polizeichef der Provinz Kandahar, in der Pandschwai liegt. Außerdem sind | |
unter den Delegierten zwei Brüder Karsais sowie der Minister für | |
Stammesfragen, Asadullah Chalid, der zugleich Sondergesandter für | |
Südafghanistan ist. | |
Unterdessen droht dem dem Amokschützen nach den Worten von | |
US-Verteidigungsminister Leon Panetta die Todesstrafe. Der Verdächtige | |
werde sich nach dem Militärrecht vor der Justiz verantworten müssen, sagte | |
Panetta am Montag auf dem Flug nach Kirgistan. Bei einem Schuldspruch müsse | |
er somit auch mit einem Todesurteil rechnen. | |
Nach Angaben von Pentagon-Sprecher George Little war der Unteroffizier | |
erstmals in Afghanistan stationiert, davor war er drei Mal im Irak im | |
Einsatz. Forderungen des Parlaments in Kabul, dem Mann in Afghanistan den | |
Prozess zu machen, lehnte Little ab. | |
## Drei Einsätze im Irak | |
Der beschuldigte US-Soldat war offenbar ein ausgebildeter Scharfschütze und | |
hatte im Irak eine Kopfverletzung erlitten. Der Name des 38-jährigen | |
zweifachen Vaters wurde bislang nicht mitgeteilt. Bei seinem letzten | |
Einsatz im Irak habe er bei einem Autounfall eine Kopfverletzung erlitten, | |
verlautete am Montag aus Militärkreisen. Wie schwer die Verletzung war und | |
ob sie möglicherweise etwas mit dem Amoklauf am Sonntag zu tun hatte, blieb | |
zunächst unklar. Der Unfall habe sich nicht in einer Kampfsituation | |
zugetragen, hieß es. Der Soldat diente bereits seit elf Jahren in den | |
US-Streitkräften und nahm an drei Einsätzen im Irak teil. | |
Ungeachtet des Amoklaufs wollen die USA an ihren Plänen festhalten, ihre | |
Kampftruppen bis Ende 2014 aus Afghanistan abzuziehen. Der Abzug der | |
US-Truppen müsse auf „verantwortungsvolle Art und Weise“ erfolgen, um zu | |
verhindern, „dass wir am Ende wieder zurückkehren müssen“, sagte Obama dem | |
lokalen CBS-Ableger KDKA. | |
## Kein überstürzter Abzug | |
Auf keinen Fall dürfe es zu einem überstürzten Abzug kommen, mahnte er. Im | |
Sender KCNC fügte er hinzu, gleichzeitig müsse sichergestellt werden, „dass | |
wir nicht länger bleiben als wir müssen“. Das Blutbad unter den | |
afghanischen Zivilisten bezeichnete Obama als „absolut herzzerreißend und | |
tragisch“. | |
Nach dem Amoklauf haben am Dienstag hunderte Menschen in Afghanistan gegen | |
den Einsatz der USA in ihrem Land protestiert. Rund 400 Studenten riefen in | |
der ostafghanischen Stadt Dschalalabad US-feindliche Parolen wie „Tod für | |
Amerika – Tod für (Präsident Barack) Obama“, wie Augenzeugen berichteten. | |
Die Menge zeigte demnach Bilder des US-Staatschefs und Schilder mit | |
Protestsprüchen. Der "Heilige Krieg" sei der „einzige Weg“, die | |
US-Streitkräfte aus Afghanistan zu vertreiben, riefen die Demonstranten den | |
Zeugen zufolge bei dem ersten Protest seit dem Amoklauf. | |
13 Mar 2012 | |
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