# taz.de -- Gehälter in Musikschulen: Der Ton macht die Musik | |
> Mit neuen Honorarregelungen will der Senat MusikschullehrerInnen zu | |
> selbstständigen UnternehmerInnen machen. Die protestieren gegen die | |
> Prekarisierung. | |
Bild: Diese junge Geigerin sieht das Unheil kommen und geht schon mal in Deckun… | |
„Die Grenze des Zumutbaren ist erreicht!“ Die geplanten neuen | |
Honorarregelungen für Lehrkräfte an Musikschulen müssten „unbedingt | |
verhindert werden“. Das Ziel ist klar auf der Kundgebung der | |
MusikschullehrerInnen am Donnerstag vor dem Roten Rathaus, wo zeitgleich | |
der Rat der Bürgermeister über die neuen „Ausführungsvorschriften über | |
Honorare der Musikschulen“ berät. | |
Denn mit den neuen Vorschriften würden MusikschullehrerInnen endgültig von | |
freien MitarbeiterInnen zu „selbstständig unternehmerisch tätigen | |
Personen“, erklärt Stefan Gretsch, Vorsitzender der Fachgruppe Musik der | |
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Ihre Gehälter sollen nicht mehr als | |
monatliche Pauschale, sondern leistungsbezogen auf jede einzelne erbrachte | |
Unterrichtsstunde berechnet gezahlt werden – ein verlässliches | |
Monatseinkommen „wäre damit futsch“, so ein Teilnehmer. Das führe nicht n… | |
zu einer weiteren Prekarisierung der Arbeits- und Einkommensverhältnisse | |
der Lehrkräfte, sondern bedrohe auch die Musikschulen, kritisiert eine | |
Teilnehmerin der Kundgebung: „Denn es wirft die Frage auf, ob qualifizierte | |
Musiklehrerinnen und -lehrer überhaupt noch bereit sein werden, unter | |
diesen Bedingungen zu arbeiten.“ | |
Eine Frage, die sich offenbar ein nicht geringer Teil der etwa 2.100 | |
LehrerInnen der bezirklichen Musikschulen Berlins stellt. Etwa 400 von | |
ihnen haben sich zu der Kundgebung am Neptunbrunnen versammelt. „Wir sind | |
Lehrer und wollen auch wie Lehrer bezahlt werden“, sagt ein Redner. Eine | |
akademische Ausbildung ist Voraussetzung für die Arbeit an Musikschulen, | |
„und pädagogisches Können ist ein Muss“, sagt eine Demonstrantin, denn | |
„nicht jeder guter Musiker ist auch ein guter Lehrer“. Es sei diese | |
Qualität des Angebots, das die Musikschulen auszeichne. | |
Etwa 8.000 Interessierte stehen laut Landesmusikrat derzeit auf Wartelisten | |
der Musikschulen. Trotz dieser Nachfrage, die den Erfolg der Musikschulen | |
belege, betreibe der Senat bereits seit Jahren eine „systematische | |
Einkommenssenkung“ bei den Lehrerinnen, die zu großen Teilen über die | |
bezahlte Arbeit hinaus auch ehrenamtliches Engagement in die Musikschulen | |
investierten, etwa „indem wir Ausflüge, Teilnahme an Wettbewerben oder | |
Extraproben organisieren“, wie eine Teilnehmerin sagt. Zwar hat | |
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) denen kürzlich eine Honorarerhöhung | |
bis August 2013 in Aussicht gestellt: von derzeit 19,44 auf dann 20,86 Euro | |
pro Unterrichtsstunde. Doch um als freie Unternehmer, die sich selbst | |
kranken- und rentenversichern müssen, auf ihre Kosten zu kommen, müssten | |
die Honorare der Lehrkräfte höher steigen. | |
„Das fordern wir aber bewusst nicht, sondern einen Tarifvertrag und | |
Festanstellungen“, sagt Ver.di-Vertreter Gretsch. Nur 7 Prozent der | |
MusikschullehrerInnen haben Angestelltenverträge, mehr als 90 Prozent | |
arbeiten auf Honorarbasis. | |
Der Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, Stefan Komoß (SPD), will | |
den Betroffenen keine Hoffnung auf Festanstellungen machen. Im Gegenteil: | |
„Derzeit will das Land ja noch 1.400 Stellen in den Bezirken einsparen.“ | |
Dennoch haben viele Bürgermeister durchaus ein offenes Ohr für die | |
MusiklehrerInnen – und ein Interesse an der Sicherung der bezirklichen | |
Musikschulen. Die neuen Honorarvorschriften wurden deshalb am Donnerstag | |
zunächst nicht beschlossen, sondern zur weiteren Beratung in gleich drei | |
Ausschüsse des Rats der Bürgermeister verwiesen. Der will sich dann bei der | |
nächsten Sitzung am 19. April abschließend äußern. | |
15 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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