# taz.de -- Dortmund auf dem Weg zur Meisterschaft: „Mehr dreckige Siege als … | |
> Der knappe Sieg gegen Werder Bremen hilft Dortmund auf dem Weg zur | |
> Meisterschaft. Auch, wenn die Zahl der vergegebenen Chancen zu groß ist. | |
Bild: Das Binnenklima ist bestens bei den Dortmundern. | |
DORTMUND taz | Welch schöne Geste: Als Shihji Kagawa das Tor des Tages zum | |
1:0-Sieg gegen Werder Bremen gelungen war, führte sein Weg zur | |
Auswechselbank, wo Felipe Santana saß. Der Japaner sprang dem Brasilianer | |
in die Arme und herzte ihn: „Das war so abgesprochen“ berichtete Kagawa | |
später und erklärte später, warum es zu dieser Jubelarie gekommen war: „Wir | |
haben heute beide Geburtstag. Deshalb wollten wir zusammen feiern", sagte | |
Kagawa. Der Japaner wurde am Samstag 23 Jahre alt, Santana 26. | |
Es sind kleine Szenen wie diese, die belegen, wie harmonisch das Dortmunder | |
Binnenklima ist. Ein Umstand, der den BVB – neben aller fußballerischen | |
Klasse – in die Lage versetzt, sich trotz der jüngsten Großtaten des FC | |
Bayern München erneut die Deutsche Meisterschaft zu sichern. Genau das ist | |
das Ziel, auch wenn die offizielle Sprachregelung beim Revierklub eine | |
andere ist. | |
20 Tore hat der Konkurrent aus dem Süden in den letzten drei Spielen | |
erzielt, und deshalb wird Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nicht müde, die | |
Qualitäten des Rekordmeisters zu preisen. Geschäftsführer Hans-Joachim | |
Watzke ging jüngst sogar so weit, zu vermelden, er wäre durchaus auch mit | |
Platz zwei zufrieden. | |
Ob dieser Aussage hat der Boulevard von „Meister Muffe“ getitelt, was einer | |
grandiosen Fehleinschätzung gleich kommt. Sie wissen im Revier ganz genau, | |
was sie tun und was sie äußern, mit der Strategie des Understatement sind | |
sie schon in der vergangenen Saison bis zum Titelgewinn marschiert. Auch in | |
dieser Saison werden sie frühestens dann von der Meisterschaft reden, wenn | |
sie zwei Spieltage vor Saisonende sieben Punkte Vorsprung haben. Warum | |
sollten sie nun etwas ändern? „Titelkandidat wirst du nicht durch Parolen, | |
sondern durch die Art und Weise, wie du Fußball spielst“, sagt Kapitän | |
Sebastian Kehl. | |
Und das tun die Dortmunder derzeit zwar nicht so brillant wie zu Beginn der | |
Rückrunde, aber immerhin noch mit großem Engagement und viel Disziplin. | |
Gegen Bremen zeigte der BVB eine bravouröse erste Halbzeit, in der „wir den | |
Fehler gemacht haben, Bremern wieder den Glauben zu geben, bei uns etwas | |
Zählbares mitnehmen zu können“, sagte Verteidiger Mats Hummels. | |
## Verschwendung von Möglichkeiten | |
Ein Pfostenschuss von Kagawa, ein Kopfball von Kehl an die Unterkante der | |
Latte und eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, das Ergebnis wesentlich | |
deutlicher zu gestalten, ließen die Dortmunder durchgehen. Es werden | |
Aufgaben kommen in den letzten acht Saisonspielen, in denen ein solch | |
verschwenderischer Umgang mit den Möglichkeiten mehr Schaden anrichtet als | |
gegen ersatzgeschwächte Bremer. „Dass die Chancenverwertung bei uns immer | |
mal wieder ein Thema ist, überrascht keinen, der sich näher mit uns | |
beschäftigt“, weiß Trainer Jürgen Klopp. | |
Gegen Bremen zählte in der holprigen zweiten Hälfte vor allem, dass der | |
Vorsprung gesichert wurde: „Wenn die Null hinten steht und ein klassisches | |
1:0 herausspringt, ist das das Lieblingsergebnis eines Verteidigers“, | |
bilanzierte Hummels: „Auch wenn es einen Bruch in unserem Spiel gibt, steht | |
weiter die Defensive.“ Es gibt im Verlauf einer langen Saison „immer mehr | |
dreckige Siege als schön herausgespielte“, weiß der Nationalspieler. Spiele | |
wie gegen Werder helfen auf dem Weg zur achten Meisterschaft in der | |
Vereinsgeschichte. | |
Die Frage, ob die vielen vergebenen Großchancen nerven, brachte Sebastian | |
Kehl in Rage: „Was soll mich daran nerven?“, blaffte der Spielführer, „so | |
lange wir solche Spiele gewinnen, mache ich mir keine Sorgen.“ | |
Acht Siege und ein Unentschieden hat es für die Borussia in der Rückrunde | |
gegeben, den Vereinsrekord hat der BVB mittlerweile auf 20 | |
Bundesligapartien ohne Niederlage geschraubt. Diese Konstanz ist | |
beeindruckend, und deshalb ist sich Kehl sicher „dass wir bis zum Ende oben | |
dabei bleiben werden“. Bei aller Bescheidenheit, so viel Selbstbewusstsein | |
darf dann doch sein. | |
18 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Meininghaus | |
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