# taz.de -- US-Studie über Twitter: Glaubst du dem Zwitschern? | |
> Tratsch, Politik und viel Schwindel – 140 Millionen Nachrichten laufen | |
> täglich über Twitter. Wer erfolgreich und glaubwürdig twittern will, muss | |
> einiges beachten. | |
Bild: Nur nicht in der Nachrichtenflut ertrinken. | |
BERLIN taz | Drei Sekunden – soviel Zeit nehmen sich Menschen | |
durchschnittlich, um eine Nachricht auf der Kommunikationsplattform Twitter | |
zu lesen. Und davon gibt es täglich Millionen. Ein [1][Studie der Carnegie | |
Mellon University] aus Washington vom Februar 2012 hat nun gezeigt, dass es | |
für Nutzer schwer ist, Meldungen („Tweets“) mit richtigem und falschem | |
Inhalt zu unterscheiden. | |
Twitter ist mittlerweile eine wichtige Informationsquelle. Nutzer | |
gebrauchen die Suchmaschinen von Twitter, werden über „Deutschland Trends“ | |
von Twitter auf Nachrichten aufmerksam gemacht oder landen über größere | |
Suchmaschinen auf Tweets. | |
Bei der Flut von Meldungen will die Studie Erkenntnisse liefern, wie | |
Beiträge auf Twitter wahrgenommen werden. Für Nutzer sei es immer | |
wichtiger, relevante von irrelevanten, glaubwürdige von unglaubwürdigen | |
Information zu unterscheiden. | |
Die Forscher erstellten dazu fiktive Twitter-Accounts und Tweets. Diese | |
legten sie den Teilnehmern vor. Das Resultat: Nutzer vertrauen eher | |
Twitterern mit einen thematischen Namen, wie zum Beispiel „atomkraft“ oder | |
„migration“. Autoren mit normalen Namen wie „Peter Schmidt“ wirken weni… | |
glaubwürdig als thematische Namen, aber vertrauenswürdiger als Twitterer | |
mit Fantasie- oder Fake-Namen wie zum Beispiel „che123“. | |
Glaubwürdig erscheinen außerdem Autoren, die regelmäßig über ein bestimmtes | |
Thema twittern oder über das berichten, was in ihrer Heimat oder ihrem | |
Wohnort passiert. Außerdem halten Nutzer Meldungen über Politik und | |
Wissenschaft für glaubwürdiger als Tweets über Klatsch und Tratsch. | |
## Kein Profilbild, kein Vertrauen | |
Die Studie offenbart noch etwas anderes: Wer mehr Leuten folgt, als er | |
Abonnenten („Follower“) hat, wirkt unglaubwürdig. Rechtschreib- und | |
Grammatikfehler stuften die Glaubwürdigkeit zusätzlich herab. Wer dann noch | |
ein Comic-Bild oder ein Logo als Profilbild nutzt, weckt kaum Vertrauen. | |
Autoren ohne Profilbild, wo nur das Twitter-Ei-Symbol zu sehen ist, wirken | |
höchst unglaubwürdig. | |
„Nutzer trauen Autoren, die bekannt sind, oder denen sie schon länger | |
folgen“, sagt Lars Sobiraj vom webportal Gulli. „Sie folgen gezielt | |
bestimmten Leuten. Ich empfehle, bei unbekannten Verfassern genau | |
hinzuschauen und sich über den beruflichen Hintergrund des Autors zu | |
informieren.“ | |
Dass dies notwendig ist, macht auch die Studie deutlich. Fälschlicherweise | |
glauben Nutzer, eine hohe Anzahl der Abonnenten („Follower“) sei ein Indiz | |
der Glaubwürdigkeit. Nachrichten gelten als glaubwürdig, wenn sie oft | |
weiterverbreitet würden („ReTweet“). Dass das kein Indiz ist, zeigt zum | |
Beispiel die Meldung über den Tod Bon Jovis. Sie wurde im Dezember | |
tausendfach weiterverbreitet. Schlussendlich dementierte Bon Jovi sie | |
selbst. | |
„Twitter ist eines der schnellsten Internetmedien“, sagt Lars Sobiraj. | |
„Irgendwo passiert etwas, in der gleichen Sekunde ist es auf Twitter.“ | |
Deshalb sei Twitter für Journalisten längst unentbehrlich. Um Wahrheit von | |
Unwahrheit zu unterscheiden, helfe ein gesunder Menschenverstand, eine | |
Suchmaschine und natürlich seriöse Nachrichtenportale. | |
21 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://research.microsoft.com/apps/pubs/default.aspx?id=155374 | |
## AUTOREN | |
David Stumpp | |
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