# taz.de -- Mauschelei im Bildungsministerium: Zweifelhafte Hilfe aus Berlin | |
> Das Bildungsministerium informiert Abgeordnete regelmäßig über bewilligte | |
> Förderprojekte in ihren Wahlkreisen. Der Service kommt aber nur CDU und | |
> FDP zugute. | |
Bild: Lässt gern Projektsteckbriefe verschicken – aber nur an Parteifreunde… | |
BERLIN taz | „Die da oben interessieren sich nicht für uns“, lautet ein | |
Lamento über Bundespolitiker. Falsch. Bundespolitiker interessieren sich | |
sehr wohl für die Bürger. Diese sollen vor allem erfahren, was die | |
Regierung mit ihren Steuergeldern für sie tut. | |
So verschickt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit | |
2009 regelmäßig Informationen über bewilligte Projekte, sogenannte | |
Projektsteckbriefe, an Abgeordnete, die diese dann in ihren Wahlkreisen | |
publik machen. Doch im CDU-geführten BMBF meint man wohl, nur CDUler oder | |
Abgeordnete des Koalitionspartners FDP sollten diese frohe Kunde | |
überbringen. | |
So hat Ministerin Annette Schavan (CDU) 2011 über 1.400 Projektsteckbriefe | |
an CDU/CSU-Parlamentarier und rund 670 an FDP-Abgeordnete versenden lassen. | |
Grüne, SPD oder Linke wurden nicht angeschrieben. Das geht aus einer | |
Antwort des Ministeriums auf eine Frage des SPD-Haushaltsberichterstatters | |
Klaus Hagemann hervor. | |
Im März war bereits Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit | |
dieser einseitigen Informationspraxis in die Schlagzeilen geraten. Von der | |
Leyens Beamte hatten nur Mitglieder der Regierungsfraktionen des Bundestags | |
über geförderte Projekte informiert. Der Ältestenrat des Bundestages | |
rüffelte die Ministerin deswegen. | |
## Schreiben werden für Reden genutzt | |
Nun meldet sich ein Mitarbeiter von Schavan anonym zu Wort: Das BMBF | |
verfahre seit Amtsantritt Schavans genau so. Parlamentarische | |
Staatssekretäre des Ministeriums informierten demnach ausschließlich | |
CDU-Abgeordnete über bewilligte Projekte. Das mache viel Arbeit, im Schnitt | |
würden bis zu zehn Projektsteckbriefe pro Woche erstellt, so der Zeuge. Die | |
Inhalte der BMBF-Schreiben würden von den Abgeordneten für ihre Homepage | |
und Reden genutzt. | |
So informiert etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg aus | |
Mecklenburg-Vorpommern auf seiner Internetseite, dass sein Bundesland 53 | |
Millionen Euro aus dem Bundesprogramm Spitzenforschung in den neuen | |
Bundesländern erhalten habe. Die Frage, wie viele solcher Informationen | |
Rehberg unaufgefordert erhalten hat, blieb bis zum Sonntagabend | |
unbeantwortet. | |
In Schavans Ministerium bestreitet man, nur Parteifreunde und | |
FDP-Abgeordnete zu informieren. Es gebe eine umfangreiche Datenbank im | |
Internet. Der Katalog umfasst über 70.000 Projekte. | |
Der parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel, aus dessen Büro die | |
Briefe verschickt werden, sagte am Mittwoch in einer Fragestunde im | |
Bundestag: Grundsätzlich hätten Abgeordnete aller Fraktionen die | |
Möglichkeit, sich über Projektbewilligungen zu informieren. „Diejenigen, | |
die danach gefragt haben, haben stets entsprechende Informationen | |
erhalten.“ | |
Volker Beck, Abgeordneter der Grünen, sagte dazu der taz: „Es deutet darauf | |
hin, dass man Oppositionsabgeordnete nur auf konkrete Nachfrage hin | |
informiert. Um nachfragen zu können, müsste man aber wissen, wie der | |
Bewilligungsstand ist.“ | |
SPD-Obmann Hagemann hat bisher keinen dieser Briefe erhalten. Er fragte im | |
BMBF nach, warum nur Mitglieder der Regierungsfraktion angeschrieben würden | |
und wie viel das die Steuerzahler koste. Die Antwort darauf steht noch aus. | |
Schavan kündigte am Donnerstag in einem Brief an Bundestagspräsident | |
Norbert Lammert an, dass künftig alle Abgeordneten über neue Projekte in | |
ihren Wahlkreisen informiert werden sollen. | |
26 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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