# taz.de -- Verbraucherschutz: Schlimmer als bei Orwell | |
> Berlins oberster Datenschützer Alexander Dix wirft Facebook einen | |
> rücksichtslosen Umgang mit Interessen der Nutzer vor. Kritik auch an | |
> Berliner Verwaltung. | |
Bild: Vorwurf Datenmissbrauch: Facebook "1984" | |
Was George Orwell vor 64 Jahren in seiner Überwachungsutopie „1984“ | |
schrieb, könne man nicht oft genug lesen, findet Berlins oberster | |
Datenschützer Alexander Dix. Man lebe derzeit zwar nicht in einer | |
Überwachungsdiktatur, doch die gegenwärtige Entwicklung gehe teilweise | |
sogar über das Orwell’sche Szenario hinaus, sagte der Landesbeauftragte für | |
Datenschutz, als er am Mittwoch seinen Jahresbericht für 2011 vorstellte. | |
Die deutlichste Kritik äußerte Dix dabei am Unternehmen Facebook, das das | |
gleichnamige Netzwerk betreibt. | |
Über 1.400 Eingaben erreichten im vergangenen Jahr Dix’ 35 Mitarbeiter | |
zählende Behörde. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit zählten Neuerungen im | |
Datenschutzgesetz und soziale Netzwerke wie Facebook. „Es ist schon | |
bemerkenswert, wie rücksichtslos dieses Unternehmen Nutzerinteressen seinen | |
Interessen unterordnet“, sagte Dix. Er verwies darauf, dass ein Berliner | |
Gericht jüngst entschieden habe, dass die Nutzungsbedingungen von Facebook | |
dem deutschen Recht widersprechen würden. Dix sprach sich für eine bessere | |
Kontrolle auf nationaler wie internationaler Ebene aus. | |
Harte Kritik übte Dix auch an der Landesverwaltung, die nicht auf dem | |
Laufenden sei, was wichtige Neuerungen im Datenschutz angehe. Zwar müssen | |
öffentliche Stellen seit Anfang 2011 jede Datenpanne den Betroffenen und | |
dem Datenschutzbeauftragten melden – „diese Vorschrift ist in der Berliner | |
Verwaltung jedoch kaum bekannt“, sagte Dix. Als Beispiel nannte er | |
Briefwahlunterlagen, die nach der Abgeordnetenhauswahl im September 2011 in | |
Lichterfelde in einem Müllcontainer landeten. „Davon haben wir aus der | |
Presse erfahren und nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – vom | |
verantwortlichen Bezirkswahlamt Steglitz-Zehlendorf.“ Die Verantwortlichen | |
hätten sich auch schwergetan, ihrer Informationspflicht gegenüber den | |
Betroffenen nachzukommen. „Wir mussten nachhelfen“, so Dix. | |
Die erst zu Jahresbeginn bekannt gewordene Handyaffäre, der massenhaften | |
Abfrage von Funkzellendaten, fiel nicht in den mit Jahresabschluss 2011 | |
endenden Berichtszeitraum. Laut Dix überprüft seine Behörde gerade | |
stichprobenartig, ob es richterliche Beschlüsse gab und ob die Betroffenen | |
informiert wurden – und, wenn nicht, aus welchem Grund. Er kündigte auch | |
eine Stellungnahme zur Frage an, ob möglicherweise das Gesetz geändert | |
werden sollte, das die Basis für die massenhafte Datenabfrage bildet. Dies | |
könnte laut Dix dazu dienen, für derartige Polizeiaktionen „Leitplanken“ | |
einzuziehen. | |
28 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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