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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Alpha-Tiere an Silberrücken
> Pro-Quote-Party in Hamburg: Der „Spiegel“-Chef grüßt am liebsten Frauen
> mit Amt, Frauen werden behandelt wie Möbel – und ganze vier überregionale
> Medien berichten.
Hallo taz-Medienredaktion! Stell Dir vor, Du willst dafür sorgen, dass
Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden,
Gleichstellung erfahren, und keiner berichtet. Dann kannst Du davon
ausgehen, dass es sich bei den Diskriminierten um a) Frauen handelt und b)
um welche, deren Benachteiligung sich innerhalb des Berufsbildes „Medien“
abspielt.
Am Sonnabend sind in Hamburg rund 200 Journalistinnen zusammengekommen, die
eine Quote für Frauen in Führungspositionen fordern. Frauen mit Bunte- und
Gala-Potenzial waren darunter wie Anne Will, Luzia Braun und Lisa Ortgies.
Ursula von der Leyen kam zur anschließenden Party samt Gatte,
Medizinerinnen und Juristinnen wollen die Kampagne übernehmen.
Wenn ich mich nicht verzählt habe, haben darüber vier überregionale Medien
berichtet und ein paar Krümeldienste im Netz. Das ist ein ähnliches
Ergebnis wie das, dass nur 28 der über 200 angeschriebenen Chefredakteure
auf die Bitte der Pro-Quote-Frauen um Stellungnahme geantwortet haben.
Wobei zwei der vier gezählten Medien von Frauen geführt werden.
Immerhin sind die beiden Chefredakteure des Spiegels zur Party gekommen.
Wobei Georg Mascolo den Raum mit den Worten betrat: „Ah, sie ist
dahinten!“, keine der im Eingang stehenden, ihm bestens vertrauten
Kolleginnen eines Blickes würdigte und sicheren Schrittes zur Ministerin
schritt. Ja, die Alpha-Tiere wissen, an wessen Silberrücken sie kratzen
müssen.
Lustigerweise ist der Spiegel bei einer Umfrage von Horizont als
„beliebtester Arbeitgeber“ innerhalb der „Medienmarken“ ermittelt worde…
Ich nehme an, dass die Umfrage stattfand, als die Redakteurinnen kollektiv
im Nagelstudio waren. Dass ein Laden mit „300 testosterongesteuerten
Bullen“ wie Matthias Matussek den Spiegel einst nannte, auch für Männer
unlustig sein kann, bekommen nun auch jene männlichen Redakteure zu spüren,
die eine Quote begrüßen. Ganz im Sinne Matusseks Potenzgedankens müssen sie
sich anhören, ein „Weichei“ zu sein.
„Harteier“ hingegen sind wohl jene ZDF-Kolleginnen, die sich für die Quote
aussprechen. Denn sie scheinen dies unter Einsatz ihrer Karriere zu tun:
Beim öffentlich-rechtlichen Sender herrscht in Bezug auf die Forderung eine
Art Angststarre. Wohl nur zehn Mitarbeiterinnen der gut 1.500 trauten sich,
die Forderung zu unterschreiben. Immerhin wurde am Montag Simone Emmelius
als künftige Chefin von ZDFneo benannt.
Was mich zu einer reizenden, kleinen Mail bringt, die mir eine ehemalige
ZDF-Mitarbeiterin geschickt hat. Auch ihr war aufgefallen, dass der als
„Terrorismus-Experte“ befragte Elmar Theveßen mit der Einblendung
„stellvertr. Chefredakteur“ im Bild war. Und sie fragt, was da nun noch zu
erwarten ist. Das frage ich mich auch. Etwa, wenn Peter Hahne auf den
Schirm kommt. „Stellvertr. Sonntagsprediger“? Oder Markus Lanz „Stellvert…
Gottschalk “?
Aber noch mal zurück zu denen, die der Geschlechterdiskriminierung Einhalt
gebieten wollen: Hani Yousuf, eine 29-jährige pakistanische Journalistin,
hatte auf der Pro-Quote-Veranstaltung eine Keynote gehalten und von dem
Staunen berichtet, aus dem sie während ihres sechsmonatigen Praktikums in
einer deutschen Zeitungsredaktion gar nicht mehr herauskam: Sie sei es
nicht gewohnt, dass Frauen wie Möbel behandelt werden, sagte sie.
Und: „Ich bin überrascht, was Ihr aushalten müsst.“ Ja, manchmal braucht
man den Blick von außen, damit deutlich wird, wie verquer die Verhältnisse
sind. Voll möbliert zurück nach Berlin!
4 Apr 2012
## AUTOREN
Silke Burmester
## TAGS
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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