# taz.de -- Dialogforum Fehmarnbelt: Wenn die Feigenblätter fallen | |
> Initiativen kündigen Dialog mit der Politik auf: Dieser diene nur der | |
> Ruhigstellung von Kritikern. Der Widerstand gegen das Tunnelprojekt in | |
> der Ostsee soll in jedem Fall weitergehen. | |
Bild: Will "Betroffene zu Beteiligten machen", sagt er: Bundesverkehrsminister … | |
HAMBURG taz | Für Kerstin Fischer ist das Dialogforum Fehmarnbelt „nur eine | |
Veranstaltung zur Ruhigstellung der Kritiker“ des größten Verkehrsprojekts | |
in Norddeutschland. „Da werden wir nur weichgespült“, sagt die Sprecherin | |
der Umwelt- und Naturschutzinitiative (UNI) in der Gemeinde Ratekau bei | |
Lübeck. Weshalb die UNI aus der „Allianz gegen die Fehmarnbelt-Querung“ | |
aussteigt. Dieser Dachverband von elf Initiativen zwischen Hamburg und | |
Fehmarn koordiniert den Widerstand entlang der Ausbaustrecke im | |
südöstlichen Schleswig-Holstein. | |
Die Allianz will weiter an dem Dialogforum teilnehmen, in dem seit Herbst | |
vorigen Jahres Verbände und Interessengruppen über den Tunnel nach | |
Skandinavien (siehe Kasten) und die Anbindung an Land debattieren. Als | |
Lehre aus „Stuttgart 21“ eingerichtet hatten das Gremium | |
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und der schleswig-holsteinische | |
Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU), geleitet wird es vom | |
ehemaligen deutschen Botschafter in Dänemark, Christoph Jessen. „Wir wollen | |
Betroffene zu Beteiligten machen“, hatte Ramsauer am 25. Juni 2011 bei | |
einer Visite auf Fehmarn vor 400 kritischen Insulanern verkündet. | |
Carstensen versicherte den Bürgern, sie könnten „über alles sprechen, | |
worüber Sie wollen – aber der Bau der Querung steht nicht zur Disposition“. | |
Es gehe „nur um das Wie, nicht um das Ob“, stellte auch Ramsauer klar. | |
Eben das will UNI Ratekau nicht weitermitmachen: „Die Beteiligung am | |
Dialogforum war ein Fehler“, sagt Fischer: „Wir können diesen Weg nicht | |
weitergehen, wenn wir glaubwürdig bleiben wollen.“ Von einer Spaltung des | |
Widerstandes aber könne keine Rede sein: „Das Ziel bleibt die Verhinderung | |
der Fehmarnbelt-Querung – innerhalb und außerhalb der Allianz.“ | |
Vier der Initiativen haben sich jetzt auf einem Treffen für den Abbruch des | |
Dialogs ausgesprochen, die Mehrheit wollte weitermachen. Auch das | |
Aktionsbündnis auf der Insel Fehmarn, die Keimzelle des Widerstandes, will | |
am heutigen Mittwoch über seinen Austritt entscheiden. „Es gibt viele Wege | |
zum gemeinsamen Ziel“, sagt sein Sprecher Malte Siegert über | |
Spaltungsgerüchte: „Getrennt marschieren und vereint schlagen macht uns | |
nicht schwächer.“ | |
Siegert und sein Co-Sprecher Hendrick Kerlen hatten bereits vor Ostern | |
ihren Rücktritt als Vertreter der Allianz im Dialogforum verkündet. Ihnen | |
seien von Moderator Jessen Unterlagen vorenthalten worden, deshalb hätten | |
sie „das Vertrauen in ihn verloren“. Darum wollten sie sich nicht länger | |
„im Dialogforum an der Nase herumführen lassen“. | |
Verärgert sind viele in der Allianz auch über das „Handbuch zur | |
Bürgerbeteiligung“, das Ramsauer Ende März in Berlin präsentierte: Darin | |
werden in einem „Werkzeugkasten“ die Methoden erläutert, wie „die | |
Zustimmung von Bürgern zu Bauprojekten erhöht“ werden könne. Ausdrücklich | |
wird das Dialogforum zum Fehmarnbelt als empfehlenswerter Ansatz genannt, | |
„um eine Grundlage für eine Zustimmung der Bürger zum Vorhaben zu | |
schaffen“. So werde „Bürgerbeteiligung zum Feigenblatt“, kritisiert | |
Siegert. | |
Das sieht Moderator Jessen anders, der den Rückzug der Initiativen | |
„ausdrücklich bedauert“. Es sei „wichtig, dass das Forum von allen | |
Teilnehmern gestaltet wird, von Kritikern genau so wie von Befürwortern“. | |
Auch dürfe im Forum über das „Ob“ diskutiert werden, versichert Jessen. A… | |
der nächsten Sitzung im Mai stünden die Verkehrsprognosen auf dem | |
Prüfstand, im Oktober werde über die juristischen Möglichkeiten gesprochen, | |
eine im Staatsvertrag mit Dänemark enthaltene Ausstiegsoption bei | |
Kostensteigerungen zu ziehen: „Ich bemühe mich, alle zusammenzuhalten“, | |
sagt Jessen. | |
Zumindest bis zur Landtagswahl am 6. Mai will Peter Ninnemann, Sprecher der | |
Initiative gegen die Fehmarnbelt-Querung im Ostseebad Timmendorfer Strand, | |
weiter mitmachen. Der SPD-Gemeinderat hofft auf einen Regierungswechsel und | |
rot-grünen Rückenwind für die Kritiker. „Wir bleiben bei aller Skepsis | |
zunächst im Dialogforum“, sagt Ninnemann, „nach der Wahl überlegen wir das | |
neu.“ | |
10 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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