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# taz.de -- Präsidentschaftskandidaten der Weltbank: Die Pro-Forma-Wahl
> Die mächtigste Entwicklungshilfebank der Welt sucht einen neuen
> Präsidenten. Obwohl es drei interessante Kandidaten gibt, steht der
> Ausgang eigentlich schon fest.
Bild: Der Favorit: Jim Yong Kim, hier in Brasilia.
BERLIN taz | Er selbst rechnet sich kaum Chancen aus. Trotzdem bewirbt sich
José Antonio Ocampo um den Posten des Weltbankpräsidenten. „Ich glaube,
dass das alte System beendet werden muss und ich dazu beitragen kann“,
sagte der Kolumbianer der New York Times. Neben der nigerianischen
Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala und dem US-Mediziner Jim Yong Kim
nimmt er in dieser Woche an den Auswahlgesprächen der wichtigsten
internationalen Institution für Entwicklungsfinanzierung teil. Im Juni
endet die reguläre Amtszeit des bisherigen Chefs Robert Zoellick, der nicht
erneut antritt.
Dass die KandidatInnen Auswahlgespräche durchlaufen, ist eine Premiere.
Bisher gab es immer einen US-Amerikaner an der Spitze, der auch von den
Europäern gestützt wurde – als Gegengeschäft dafür, dass die Europäer
wiederum das Sagen beim Internationalen Währungsfonds haben, der mit der
Weltbank eng zusammenarbeitet.
Die USA haben mit 15,85 Prozent aller Stimmen im Wahlgremium der Bank auch
als einzige ein Vetorecht, während etwa die Vertreter für Lateinamerika und
Afrika nur je fünf Prozent Stimmgewicht haben. Kritiker halten das schon
lange für unzeitgemäß. Ihnen zufolge müssten sowohl die Entwicklungsländer,
die von der Politik der Weltbank am stärksten betroffen sind, als auch die
Schwellenländer, die geopolitisch und wirtschaftlich immer bedeutender
werden, deutlich stärkere Mitspracherechte haben.
## Obama unterstützt Gesundheitsexperte Kim
Eigentlich wollte US-Präsident Barack Obama diesem Problem dadurch gerecht
werden, dass er dieses Mal einen gebürtigen Südkoreaner vorschlug. Jim Yong
Kim. Doch die Entwicklungs- und Schwellenländer haben sich entschieden,
eigene Kandidaten vorzuschlagen.
„Kim hat Pionierarbeit für die internationale Verbreitung von
kostengünstiger, hochwertiger Gesundheitsversorgung geleistet“, sagte
Obama. Der 52-jährige Leiter des Dartmouth-Colleges New Hampshire war
früher für das HIV-Programm der Weltgesundheitsorganisation verantwortlich
und gilt als Experte im Bereich Gesundheit. Zwischen 2000 und 2007 baute er
erfolgreich Großprojekte zur Bekämpfung von Tuberkulose und HIV auf.
Für die Leiterin von Oxfam International in Washington D.C., Elizabeth
Stuart, ist das Problem, dass Kims Wahl trotz der Kandidatengespräche eine
reine Pro-forma-Angelegenheit werden dürfte. Andere Experten wie Stephany
Griffith-Jones kritisieren allerdings auch, dass Kim nach eigenen Angaben
„recht wenig“ von Finanzpolitik versteht.
## Okonjo-Iweala ist breit aufgestellt
„Ein Weltbankpräsident braucht einen breiten entwicklungspolitischen Blick,
nicht nur ein Spezialthema“, sagt die Professorin für Finanzmarktwirtschaft
an der Columbia Universität in New York. Auch Infrastruktur,
umweltfreundliches Wachstum sowie die Regulierung der Finanzmärkte und der
Rohstoff-Spekulationen seien Zukunftsfragen. Und hier habe Kim keine
Kompetenzen.
Anders Ngozi Okonjo-Iweala, die von einer Mehrheit der afrikanischen
Staaten ins Rennen geschickt wird: Die Nigerianerin ist seit 2011
Finanzministerin im Kabinett von Goodluck Jonathan. „Ginge es danach, wer
am besten den Mainstream repräsentiert, wäre Ngozi Okonjo-Iweala die
passende Kandidatin“, sagt Rainer Falk, Herausgeber des Informationsbriefs
Weltwirtschaft und Entwicklung.
Tatsächlich greift Ngozi Okonjo-Iweala alle zeitgemäßen
entwicklungspolitischen Schlüsselbegriffe auf. Neben der Schaffung neuer
Arbeitsplätze als oberstes Ziel der Weltbank, will sie verstärkt gegen
Korruption vorgehen. Zudem tritt sie für Good Governance und höhere
Investitionen in Gesundheit und Bildung ein.Das Problem sieht Falk darin,
dass sie seit Jahren an der Politik der Weltbank beteiligt ist. „Sie
verfolgt eine Politik des Status Quo.“
## Ocampo steht für den Wandel
Den dringend nötigen Wandel der Weltbank hält er am ehesten mit José
Antonio Ocampo für durchsetzbar. Auch Columbia-Professorin Griffith-Jones
glaubt, dass Ocampo die Weltbank reformieren und den Nehmerländern mehr
Gewicht verschaffen könnte.
Den Ökonomen hat Brasilien stellvertretend für die südamerikanischen
Schwellenländer nominiert. Der 59-jährige Leiter des Programms für
wirtschaftliche und politische Entwicklung an der Columbia-Universität von
New York hat sowohl praktische Erfahrung als auch wissenschaftliche
Meriten.
Als Finanzminister Kolumbiens schaffte er Ende der 90er Jahre eine
gesetzliche Regelung, die das Schwellenland vor maßlosen Spekulationen
internationaler Investoren schützte. Nach seiner politischen Karriere
arbeitete er in der UN-Hauptabteilung für wirtschaftliche und
gesellschaftliche Angelegenheiten und stieß dort neue Forschungen zu
internationalen Migrationsbewegungen an, die die bisherige
Entwicklungspolitik der Industrienationen kritisch beleuchten sollten.
Um künftig die Chancen für ein gerechtes Auswahlverfahren zu erhöhen,
fordert Rainer Falk eine Veränderung der Stimmverteilung. Statt nach
Kapitalanteil könne es nach einem System der „Doppelten Mehrheiten“ gehen.
Dabei dürfe keine der beteiligten Gruppen überstimmt werden. Sowohl die
Industrie- und Schwellenländer als Geldgeber als auch die armen Staaten in
der Rolle der Geldnehmer müssten sich bei Entscheidungen des Exekutivrates
einigen.
12 Apr 2012
## AUTOREN
S. Schädlich
K. Grass
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