| # taz.de -- Kommentar Entwicklungshilfe: Viel hilft nicht unbedingt viel | |
| > Manche Projekte und Programme verändern etwas – doch sind dies oft nur | |
| > begrenzte Lösungen für Einzelfälle. Die globalen Strukture, die dazu | |
| > führen, werden dabei selten beeinflusst. | |
| Geld ist nicht das Problem bei der Entwicklungshilfe. Die Frage ist | |
| vielmehr: Wo fließt das Geld eigentlich hin? Doch jede Auseinandersetzung | |
| darüber ist unbequem. Viel einfacher ist es stattdessen, wie ein Mantra zu | |
| fordern, dass die Budgets aufgestockt werden müssen – um endlich die | |
| internationale Zielgröße von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung zu | |
| erreichen. Auch auffällig: Diese Forderung wird von allen vertreten, obwohl | |
| so viel Harmonie doch sonst selten ist. Aber wenn es um die | |
| Entwicklungshilfe geht, dann sind sich PolitikerInnen und NGOs einig. | |
| Und es ist ja wahr: Manche Projekte und Programme machen einen positiven | |
| Unterschied für die Betroffenen. Doch sind dies oft nur begrenzte Lösungen | |
| für Einzelfälle. Die weltweiten Strukturen, die für die Lebensverhältnisse | |
| mitverantwortlich sind, werden aber an einem anderen Tisch beeinflusst. Es | |
| ist gut, die kleinbäuerliche Landwirtschaft zu stärken, aber wenn die | |
| Exporte aus der EU den heimischen Markt dieser BäuerInnen kaputtmachen, | |
| sollten wir andere Hebel bewegen. | |
| Dies zeigt sich auch beim Klimaschutz. Es ist richtig, wirtschaftlich arme | |
| Länder dabei zu unterstützen, eine erneuerbare Energieversorgung | |
| aufzubauen. Trotzdem wird der Klimawandel wirkungsvoller beeinflusst, wenn | |
| wir bei den Verursachern, also den Industrieländern, ansetzen und dort die | |
| Emissionen reduzieren. Gebraucht würden eigentlich Normen, die in | |
| Deutschland die Grenzwerte Schritt für Schritt nach unten absenken. Doch | |
| statt Druck auf die Industrie auszuüben, werden lieber Klimaschutzprojekte | |
| in den Entwicklungsländern finanziert. Das ist nah am Placebo. | |
| Damit soll aber weder die Entwicklungszusammenarbeit noch das Engagement | |
| der NGOs in Frage gestellt werden. Denn es gibt Modelle, die | |
| erfolgversprechend sind. Dazu gehören Maßnahmen, die die NGOs des Südens | |
| nicht nur befähigen, die Politik in ihrem eigenen Land zu reformieren – | |
| sondern sie auch zu wirkmächtigen Lobbyisten gegen die Interessen des | |
| reichen Nordens machen. | |
| Hilfreich sind auch so ungewöhnliche Projekte wie der „Fehlerreport“ der | |
| Engineers Without Borders, der jährlich auflistet, woran | |
| Entwicklungshilfeprojekte gescheitert sind, damit aus den Irrtümern gelernt | |
| werden kann. Es ist unpolitisch, nur mehr Geld zu fordern. | |
| Dies ist ein Text aus der Sonderausgabe „Genossen-taz“, die am 14. April | |
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| 14 Apr 2012 | |
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| ## AUTOREN | |
| Beate Holthusen | |
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