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# taz.de -- Genossen machen die taz: Die Schönheit der Flucht
> Zu seinem Geburtstag hat sich Rainald Grebe einen Bauernhof gekauft.
> Immer unterwegs, immer auf der Suche – das ist das gute Leben für den
> Komiker.
Bild: Will die Rohrdommel hören: Rainald Grebe.
Die Kantine des Leipziger Centraltheaters ist mit ihren Korblampenschirmen
heimelig angeranzt. Für Rainald Grebe haben solche Plätze trotzdem Charme.
Denn: „Man kann meistens darin rauchen.“
Es ist kurz vor Mitternacht. Rainald kommt von der Probe seines neuen
Theaterstücks „Grimms Märchen (UA)“. Vor zehn Jahren war er in Jena mein
Nachbar – so ein später Termin ist da kein Problem. Jetzt wohnt Rainald in
Berlin, ist irgendwas zwischen Comedystar und Philosoph, weil er in wenigen
Worten die Welt so schön erklärt („Die Menschen sehen alle gleich aus:
irgendwie individuell“). Seine Programme sind ausverkauft – auch in großen
Stadthallen.
Das gute Leben ist für ihn: „Wenn ich nicht an die Zukunft denke.“ Diese
Momente sind aber sehr kurz: nach einer guten Vorstellung, beim
Arbeitsfluss, der bis zur Ekstase gehen kann – verdichtetes Leben gleich
gutes Leben.
Das Konzert in der Berliner Waldbühne im Sommer 2011 vor 17.000 Zuschauern
war so ein Moment: keine richtige Probe, das Wetter unklar, die vielen
Mitwirkenden, diese irre Bühne, das Pferd, auf dem er einritt. Die
Nagelbetten sind ihm kaputtgegangen – er hat es gar nicht gemerkt, weil er
so „rumgejerkt“ hat. Alle hatten vor Glück Pipi in den Augen. Menschen
zusammenzuführen, das ist schon immer sein Traum gewesen. An diesem Abend
hat es wunderbar geklappt. Die ganze Woche danach konnte er nicht richtig
pennen.
Seit Januar bereist Rainald die kleinen Bühnen. Jugendclub Hoyerswerda,
solo. „Ich kann in kleinen Clubs spielen. – Das ist ein totaler Luxussatz.�…
Die kleinen Butzen – fast schon Urlaub, das Netzwerk des Bekannten. „Ich
kann, darf überall spielen – das ist das gute Leben.“
Pünktlich zum 41. Geburtstag heute hat er sich endlich einen Bauernhof auf
dem Land gekauft. Vier Jahre hat ihn dieser Wunsch begleitet. Zwischendurch
lag das Projekt dann auch mal auf Eis. Nun ist es so weit. „Ich sag aber
nicht, wo – das ist privat! Kein Dieter-Moor-Effekt. Kein Showkochen – ich
will die Rohrdommel rufen hören.“ Ein Ort für den Rückzug, so etwas fehlt
ihm bisher. Und tut der Arbeit gut: „Auf dem Land platzt der Kopf vor Ideen
auf.“
Mit 16 hat er Kabarett gesehen, Künstler vor großem Publikum. Das wollte er
auch – nun ist es Realität. Dieser Traum ist erreicht, nun müssen neue
Höhepunkte her, Rainald will sich häuten. Das Ausland winkt. Vor Deutschen
in Hongkong ist er schon aufgetreten – nett, aber das war nicht so wirklich
anders. Doch vom Puppenworkshop für Kinder in Afrika letztes Jahr spricht
Rainald voller Begeisterung. Eigentlich wollte er ja Urlaub machen. Aber
Freizeit genießen, so als Touri? „Hier werde ich gebraucht, nicht nur
Safari.“ Nun gibt es Ideen für Mexiko. Eine Tour durch kleine Dörfer,
vielleicht mit anderen Künstlern. Etwas, das mehr ist als Show – mal sehen,
wohin die Reise geht.
Rainald stammt aus Frechen, Köln-Land. Sein derzeitiges Soloprogramm
befasst sich mit seiner Herkunft, seinen Wurzeln und besonders mit seinen
Eltern. Was unterscheidet denn deren Vorstellung vom guten Leben von
seiner? „Die hatten viel mehr Sicherheitsdenken: Beamter werden, Häuschen
bauen, Geld zusammenhalten, sich Dinge aufsparen, die man dann doch nicht
macht. Und immer die Betonung: Man genießt! Das ist aber eine schöne
Aussicht! Das ist der beste Wein aus der Pfalz!“ Wie genießt Rainald? „Wenn
ich durch die Natur gehe, denke ich meistens schon ans nächste Stück.“
Leben, einfach so – das reicht ihm nicht. Arbeiten, machen, suchen – in
seinem aktuellen Soloprogramm singt er: „Ich bin auf der Flucht, Mama […]
Der Russe ist immer hinter mir.“ Bloß nicht schlappmachen: das alte
Hase-Igel-Rainald-Spiel.
15 Apr 2012
## AUTOREN
Kristian Philler
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