# taz.de -- Umstrittene Verfassungsschutz-Ausstellung: Unerwünschter Geheimdie… | |
> In Erfurt protestieren Schüler und Eltern eines Gymnasiums gegen eine | |
> Ausstellung des Verfassungsschutzes – wegen Inkompetenz und der | |
> NSU-Verstrickungen. | |
Bild: Auch in Erfurt: Der Sitz des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschut… | |
Das dürfte für den thüringischen Innenminister Jörg Geibert (CDU) und den | |
Präsidenten des Landesverfassungsschutzes Thomas Sippel neu sein. Am Montag | |
sollen die Herren in Erfurt die neue Wanderausstellung des | |
Verfassungsschutzes (VS) „Feinde der Demokratie – Politischer Extremismus | |
in Thüringen“ am evangelischem Ratsgymnasium eröffnen. In einen Brief haben | |
aber Schüler und Eltern dem Verfassungsschutz die Kompetenz für die | |
Bildungsarbeit gänzlich abgesprochen. | |
Die Veranstaltung sei wegen der Verstrickungen des VS mit dem | |
Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) „höchst unangemessen“. „Genau j… | |
Behörde, die sich in der Aufarbeitung ihrer Fehler bisher nur zusätzlich | |
als inkompetent erweist, setzt jetzt an Stelle von öffentlicher Aufklärung | |
auf eine Imagekorrektur“, heißt es in einem offenen Brief. | |
In dieser Woche wurde das Schreiben an den Schulleiter Michael Friese | |
öffentlich. Die Ausstellung, forderten Schüler und Eltern, sollte abgesagt | |
werden. Wenn eine Absage wegen der „Kürze der Zeit“ nicht möglich sei, | |
wollten sie gerne, dass ein Schüler bei der Eröffnung eine Rede hält und | |
Fragen zugelassen werden. Eine Absage wurde nach Gesprächen aber nur den | |
Schülern erteilt. Eine Rede sei nicht möglich, sagte Friese. Fragen wäre | |
aber erwünscht – „ausdrücklich“. Nach den Reden von Geipert und Sippel | |
dürfe dies allerdings nur im formlosen Gespräch geschehen. | |
## Die DGB-Jugend sekundiert | |
In dem Brief fragen die Eltern und Schüler zudem inwieweit der | |
Verfassungsschutz grundsätzlich für die „politische Bildung“ geeignet sei. | |
Ein Geheimdienst ist ein Geheimdienst, betonen auch die DGB-Jugend | |
Thüringen, die „Offene Arbeit des evangelischen Kirchenkreises Erfurt“ und | |
das Bildungskollektiv Biko e.V.. Sie alle unterstützen das „Nein zur | |
Extremismus-Ausstellung“ am Ratsgymnasium. | |
Christian Rotter, Vorsitzender der DGB-Jugend, sagt, dass der | |
Verfassungsschutz wegen seiner „Vorstellung eines politische Extremismus“, | |
davon ausgehe, dass „Rassismus, Antisemitismus und antidemokratische | |
Einstellungen vor allem Probleme am Rande der Gesellschaft seien“. Dieser | |
Annahme stehen die aktuellen Ergebnisse des [1][„Thüringen-Monitor“] | |
entgegen. So denken 56 Prozent der Befragten, dass das Land im gefährlichen | |
Maße überfremdet sei. | |
Unterstützung erhalten die Schüler und Eltern auch von der Landtagsfraktion | |
Die Linke. Martina Renner, Innenpolitiker der Landtagsfraktion sagt: | |
„Geheim arbeitende und nicht zu kontrollierende Dienste sind nicht | |
geeignet, politische und demokratische Bildung anzubieten“. Vor dem | |
Hintergrund der NSU verbiete es sich, die „Thüringer Spitzelbehörde“ als | |
„kompetenten Partner zur Aufklärung“ zu präsentieren. | |
## Der Verfassungsschutz verteidigt sich | |
Die Ausstellung sei weder eine Imagekampagne, noch als Lösung des Problems | |
zu verstehen, sagt Thomas Schulz vom Verfassungsschutz und Ansprechpartner | |
für die Ausstellung. Vor einem Jahr sei mit der Planung für diese | |
Ausstellung, die sich vor allen an junge Menschen richte, begonnen worden. | |
„Die Ausstellung gibt einen Überblick über den Rechtsextremismus in | |
Thüringen“, versichert er. | |
„Das Kultusministerium muss überprüfen, inwieweit mit dem Auftreten des | |
Geheimdienstes an Schulen das weltanschauliche Neutralitätsgebot und die | |
Pflicht zu qualifizierte Bildung unterlaufen wird“, sagt indes Martina | |
Renner. Mit einer Anfrage will die Linkspartei die rechtliche Legimitation | |
für die Bildungsarbeit des Verfassungsschutz überprüfen. | |
15 Apr 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.thueringen.de/de/politisch/tm/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neonazi-Terrorzelle NSU: Fatale Fehleinschätzung | |
Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe fehlten Unterstützer, schrieb der | |
Verfassungsschutz 2004 in einem internen Papier. Da hatte der NSU schon | |
fünf Menschen ermordet. | |
Kommentar Verfassungsschutz: Aufklären statt verbieten | |
Hinter dem Ruf nach einem NPD-Verbot steckt Kalkül. Alle reden über | |
Rechtsextreme und ihre Verbindungen zur NSU, niemand über das Versagen der | |
Sicherheitsorgane. | |
Änderung des Verfassungsschutz-Gesetzes: Linke dürfen VS kontrollieren | |
Nach einer erbitterten Debatte im Dezember haben sich nun Linke, Grüne und | |
SPD verständigt: Die Linke wird "Gast" in der Kontrollkommission des VS. |