# taz.de -- Islamrats-Chef über Salafisten: „Missionieren gehört nicht zum … | |
> Die Politik schenke den Salafisten zu viel Aufmerksamkeit, kritisiert Ali | |
> Kizilkaya, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime. Zur Panik gebe es | |
> aber keinen Grund. | |
Bild: Gelehrte helfen beim Koranverständnis, sagt Islamrats-Chef Kizilkaya –… | |
taz: Herr Kizilkaya, eine Gruppe von Salafisten will Millionen | |
Gratis-Korane in deutschen Fußgängerzonen verteilen. Freut es Sie, dass der | |
Koran auf diesem Weg neue Leser findet? | |
Ali Kizilkaya: Die Menschen in Deutschland hatten schon immer Zugang zum | |
Koran. Es gab auch schon früher Infostände von Muslimen, das ist nichts | |
Neues. Das Problem ist eher, dass die Gruppe, die hinter der Verteilaktion | |
steht, sehr umstritten ist – auch unter Muslimen. | |
Manche Politiker haben deshalb gefordert, gegen diese Verteilaktion | |
vorzugehen. Was sagen Sie dazu? | |
Den Koran zu verteilen, ist nicht verboten, ebenso wenig wie die Verteilung | |
der Bibel. Das gehört zur Religionsfreiheit und ist durch das Grundgesetz | |
geschützt. | |
Die Bekehrung zum eigenen Glauben hat im Christentum Tradition. Wie steht | |
der Islam, den sie vertreten, zur Mission? | |
Es gibt im Islam keine Mission im Sinne des christlichen | |
Verkündigungsauftrags. Was aber nicht bedeutet, dass Muslime ihren Glauben | |
verbergen würden. | |
Die Salafisten, die jetzt den Koran verteilen, wollen damit offensiv für | |
ihren Glauben werben. Länder wie Saudi-Arabien geben viel Geld aus, um ihre | |
Lesart des Islam in der Welt zu verbreiten. Ist das nicht unislamisch? | |
Das Ausmaß dieser Aktion, dass da Millionen von Koranen verteilt werden | |
sollen, ist sicher Geschmackssache. Und es ist ganz sicher nicht im Sinne | |
des Korans, damit Unruhe in die Gesellschaft zu tragen. Man kann über den | |
Islam informieren, als Angebot. Aber das sollte auf freiwilliger Basis | |
geschehen. | |
Wer, glauben Sie, hat die Aktion der Salafisten finanziert? | |
Ich weiß es nicht. Darüber kann man nur spekulieren. | |
Den Salafisten vertreten eine radikale, undemokratische Ideologie. Sollte | |
man stärker gegen ihre Propaganda vorgehen? | |
Die Frage ist: Wie viel Aufmerksamkeit will man dieser Randgruppe widmen? | |
Das ist eine marginale Gruppe, die durch die aktuelle Debatte nur | |
aufgebauscht wird. | |
Leute wie Sie, die einen bürgerlichen Islam vertreten, sind den Salafisten | |
ein Dorn im Auge. Fühlen Sie sich bedroht? | |
So lange niemand zur Gewalt aufruft, muss man damit leben. Und wenn Gewalt | |
ins Spiel kommt, muss der Rechtsstaat handeln. Das ist in unser aller | |
Interesse. Aber die Politik schenkt dieser Gruppe zu viel Aufmerksamkeit. | |
Je mehr man über sie redet, desto größer macht man sie nur. Zur Panik gibt | |
es keinen Grund. | |
Der Koran ist – wie die Bibel – ein komplexes Buch. Lässt er sich überhau… | |
ohne eine Gebrauchsanweisung oder Interpretationshilfe lesen? | |
Wie andere heilige Bücher ist auch der Koran nicht so einfach zu verstehen. | |
Natürlich muss man dazu den Kontext kennen, das Leben des Propheten und die | |
Hadithe, die Überlieferungen. Aber ich halte die meisten Leute für mündig | |
genug, sich das anzueignen. Wichtig ist, dass man mit dem Koran respektvoll | |
umgeht. | |
Was würden Sie jemandem raten, der sich bei den Salafisten mit einem | |
Gratis-Koran eingedeckt hat und sich nun näher damit beschäftigen will? | |
Ich würde ihm raten, in die nächste Moschee zu gehen und sich dort an einen | |
ausgebildeten Imam zu wenden. Wir bieten jedes Jahr einen „Tag der offenen | |
Moschee“ an, zum Kennenlernen und nicht zum Missionieren. 2010 stand dieser | |
Tag unter dem Motto „Der Koran: 1.400 Jahre aktuell und mitten im Leben“. | |
17 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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