# taz.de -- Flüchtlinge: Härtefälle werden seltener | |
> An Niedersachsens Härtefallkommission haben sich 2011 weniger Menschen | |
> wegen eines Bleiberechts gewandt, zugleich wurde seltener positiv | |
> entschieden. | |
Bild: Wichtiges Papier: Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Dul… | |
HANNOVER taz | Deutlich weniger Flüchtlinge haben sich 2011 an | |
Niedersachsens umstrittene Härtefallkommission gewandt: 116 Eingaben (siehe | |
Kasten) wurden an das Gremium gestellt, das Innenminister Uwe Schünemann | |
(CDU) in Fällen um ein Bleiberecht aus humanitären Gründen bitten kann, in | |
denen der Rechtsweg ausgeschöpft ist. Im Jahr zuvor waren es noch 264 | |
Eingaben gewesen. | |
Über 103 Härtefallanträge von Einzelpersonen oder Familien hat die | |
Kommission 2011 laut ihrem Tätigkeitsbericht abschließend beraten, den die | |
Vorsitzende Martina Schaffer, Referatsleiterin im Innenministerium, am | |
Mittwoch vorgestellt hat. Ein Bleiberecht hat das Gremium in weniger als | |
der Hälfte der Fälle empfohlen: 51-mal wurde Innenminister Schünemann darum | |
gebeten. Der lehnte eins der Ersuchen ab, ein Fall ist derzeit noch offen. | |
Insgesamt wurden demnach 103 Menschen als Härtefälle anerkannt. 2010 hatte | |
die Kommission noch über 40 von 68 Anträge positiv entschieden. | |
Weniger Härtefallanträge stellten laut Schaffer vor allem kosovarische | |
Flüchtlinge, da die Abschiebungen ins Kosovo nach einem Rücknahmeabkommen | |
von 2010 „abgeebbt“ seien. Auch wandten sich weniger Syrer an das Gremium, | |
seit Schünemann im Mai 2011 Abschiebungen dorthin gestoppt hat. | |
Mit mehr Eingaben rechnet Schaffer in diesem Jahr wieder. Als Konsequenz | |
aus dem Fall der Familie Nguyen, die Schünemann vergangenen Winter zunächst | |
nach Vietnam abschieben ließ und wegen großer Proteste kurz darauf | |
zurückholte, müssen die Ausländerbehörden seit Ende 2011 vor Abschiebungen | |
auf die Möglichkeit hinweisen, die Härtefallkommission anzurufen. Ein | |
Ersuchen der Nguyens war dort gescheitert – weil bereits ein | |
Abschiebetermin feststand. Zudem wird derzeit die Verordnung zur Arbeit der | |
Kommission überarbeitet, die voraussichtlich im Sommer in Kraft tritt: | |
Statt mit der viel kritisierten Zwei-Drittel-Mehrheit etwa soll künftig mit | |
einfacher Mehrheit der acht stimmberechtigten Mitglieder über die Fälle | |
entschieden werden. | |
Ein Ende der restriktiven Flüchtlingspolitik sieht die Landtagsopposition | |
aber nicht: Die Kommission sei ohnehin „nur ein Tropfen auf den heißen | |
Stein“, so die SPD. Die Linksfraktion kritisiert, dass sich das Gremium | |
nach wie vor nur mit Flüchtlingen befassen soll, die keinerlei | |
Sozialleistung beziehen. Eben darauf seien sie aber oft angewiesen, weil | |
sie keine Arbeitsgenehmigung haben. Die Grünen-Migrationspolitikerin Filiz | |
Polat sieht in den Änderungsplänen vor allem „formale Tricks“: Entscheidet | |
das Gremium nicht innerhalb von sechs Monaten über eine Eingabe, wird sie | |
automatisch abgewiesen. Zugleich müssen künftig sieben statt fünf der acht | |
Mitglieder anwesend sein, damit das Gremium beschlussfähig ist. „Schünemann | |
schafft so die Möglichkeit, dass sich die Fälle in seinem Sinn von selbst | |
erledigen“, warnt Polat. | |
18 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abschiebungen in Niedersachsen: Weniger Härte gegen Flüchtlinge | |
Niedersachsen reformiert die Arbeitsregeln für seine Härtefallkommission. | |
Künftig reicht eine einfache Mehrheit gegen die Abschiebung. |