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# taz.de -- Lillifee im Fernsehen: Des Kindes Glück im Kitsch
> Eine Trickfilmfee im Tutu und ihre pittoresken Gesellen tanzen sich in
> die Mädchenfantasien und werden zum Verkaufsschlager. Ruhig Blut, wer ist
> schon bedürfnisfrei?
Bild: Gestatten: Lillifee. PRINZESSIN Lillifee.
Früher verweigerten Mütter ihren Töchtern Barbie-Puppen mit der Begründung,
sie versauten das Bild vom eigenen Körper und von Frauen im Allgemeinen.
Später haben wir selbst, obwohl wir irgendwann doch eines dieser
Mattel-Püppchen erbetteln konnten, eine starke Abneigung gegen die
langbeinige Spielfigur entwickelt, die wir nun- als Mütter- gerne zugunsten
eines anderen Hassobjekts aufgeben: Prinzessin Lillifee.
Einem, sagen wir Wesen, dass wie schon der Name verrät, zaubern kann,
rötlich-blonde Haare hat und ein grünes Tutu über ihrem rosafarbenen Kleid
trägt. Auf dem Kopf ruht ein Krönchen, an den Füßen trägt sie flache
Ballerinas.
Dieser Schrecken kommt über den Sender Kika ins Fernsehen. Vom 22. April
bis zum 4. Mai täglich um 18.15 als Doppelfolge. Allein der Gedanke an
diesem Etwas, das wie eine zu Karneval verkleidetete Balletschülerin über
den Flatscreen flattert, treibt Eltern in den Wahnsinn. Verängstigt kauern
sie mit der Fernbedienung auf dem Midcentury-Sofa, das gleich neben der
dänischen Teakholz-Kommode steht.
Selbstverständlich soll aus dem Kind in spätestens 15 Jahren ein
erwachsener Mensch mit erlesenem Geschmack werden. Man hat so viel schon
investiert in die teure Holzpuppenküche, außerdem absichtlich den roten
Finkid-Pullover gekauft, damit das Kind nicht ganz in Pink herumläuft.
Aber die Tochter will immerzu Plastik und Rosa. Sich zu wünschen, keine
Lillifee würde die Schwelle zum Kinderzimmer je überschreiten, ist genauso
fromm und aussichtslos, wie der Kampf gegen die ebenso allgegenwärtige
Conni Klawitter. Während letztere ein ganz normales Leben führt, Radfahren
und Pizzabacken lernt, von ihrem ersten Schultag oder Flug berichtet, lebt
Lillifee in einem Land, in dem Mäuse mit Schweinen befreundet sind und
kleine Feen von Lehrern zur Strafe in Flaschen gesteckt werden, danach aber
ganz toll zaubern können. Conni, von der ebenfalls neben Büchern und CDs
auch Trinkflaschen, Rucksäcke und Spardosen verkauft werden, befriedigt die
Sehnsucht nach einer Figur, die dem Kind ähnelt.
## Immerzu Plastik und Rosa
Lillifee, die von der Zeichnerin Monika Finsterbusch erdacht wurde und im
Coppenrath-Verlag mit unzähligen Produkten, - vom Aufkleber über das
Handtuch bis zur Schneekugel-, zu kaufen ist, erfüllt dagegen die Sehnsucht
nach einer heilen Welt, in der alle einander wohlgesonnen gegenüber stehen.
Wenn die erste Kindergartenfreundin einen Lillifee-Aufkleber mitbringt,
stecken sich die anderen- es handelt sich wohl um eine früh ausgeprägte
Markenfixierung- an. Von da an zeigen Fingerchen im Supermarkt auf die
Lillifee-Backmischung und verlangen im Schreibwarenladen nach
Lillifee-Stiften. Wer den frühen Geiz von Kindern kennt, der muss den
Schatullen öffnenden Zauber der Prinzessin wirklich bewundern.Wenn es nur
bei Lillifee bliebe, das Ungemach ließe sich eindämmen.
Doch um Lillifee herum hat sich ein mächtiges Heer von Klonkriegern
versammelt. Kleine Fillypferde und Feen, die ihr gerade so wenig ähneln,
dass ein Rechtsstreit ausgeschlossen ist, verkaufen Shampoo, Bodylotion und
Haarspangen, um die es auch bei bescheidenen Kindern Diskussionen gibt.
Ganz bedürfnisfrei bekommt man die Kleinen bei keiner Erziehung hin.
Apropos Klonkrieger: Wenn ihr Kind plötzlich von Anakin und seinem bösen
Papa Darth Vader erzählt, haben Sie die Lillifee-Zeit überstanden. Bis
dahin bleiben Sie ruhig und lassen Sie den Fernseher aus.
22 Apr 2012
## AUTOREN
Natalie Tenberg
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