| # taz.de -- Sturm auf Fußballplatz in Genua: Trikot her, aber pronto! | |
| > Weil sich der CFC Genua gegen Siena blamiert, gehen die Fans den | |
| > Versagern an die Wäsche. Während die Kollegen schlottern, macht Stürmer | |
| > Sculli den Friedenstifter. | |
| Bild: Wusste die aufgebrachten Fans zu beruhigen: Giuseppe Sculli vom CFC Genua. | |
| Beim Stand von 0:4 gegen die AC Siena stürmten am Sonntag Anhänger des CFC | |
| Genua das Spielfeld und zwangen die von ihnen als unfähig erachteten Profis | |
| zur Herausgabe ihrer Trikots. Das kann man als eine Sonderform von direkter | |
| Demokratie bezeichnen, in der das Volk von seinen Repräsentanten | |
| unmittelbare Verantwortung für die gezeigten Leistungen einfordert. | |
| Die tumultartigen Szenen im Stadio Luigi Ferraris sorgten für ein Déjà-vu. | |
| Denn erst eineinhalb Jahre ist es her, dass serbische Hooligans vor dem | |
| EM-Qualifikationsspiel Rabatz machten. Die Partie Italien – Serbien wurde | |
| im Rauch der Feuerwerkskörper abgesagt. Genua gegen Siena wurde indes nach | |
| 50-minütiger Unterbrechung fortgesetzt. | |
| Friedensstifter war Genua-Profi Giuseppe Sculli, eine ganz besondere Figur. | |
| Er sorgt immer wieder für Schlagzeilen, weil sein Großvater als wichtiger | |
| Pate der kalabresischen Mafia-Organisation ’Ndrangheta gilt. Sculli selbst | |
| hat schon Sperren wegen nachgewiesener Wettmanipulation aussitzen müssen | |
| und wird auch von aktuellen Wettbetrügern als Referenzgröße für | |
| Manipulationen bezeichnet. Als beherzter Schlichter zeigte er sich nun am | |
| Sonntag. | |
| Als seine Kollegen sich längst – teils unter Tränen und vor Angst | |
| schlotternd – der Leibchen entledigt hatten, schritt der kantige Angreifer | |
| als Einziger und noch in seine Arbeitskleidung gehüllt auf die tobenden | |
| Fans zu. Er kletterte auf eine Absperrung und trat mit einem der | |
| Rädelsführer in einen Dialog. Sein Arm umschlang den Hooligan. Auch dessen | |
| Arm legte sich um den Nacken des Spielers. Und in trauter Umarmung führten | |
| sie die Verhandlungen. | |
| ## Gestattetes Anschlusstor | |
| Ergebnis war, dass Genua-Kapitän Rossi die schon auf einen Haufen | |
| geworfenen Trikots wieder an sich nehmen und unter den Kollegen verteilen | |
| durfte. Die Partie wurde wieder angepfiffen. Siena gestattete Genua das | |
| Anschlusstor. Natürlich bleibt ein Nachgeschmack beim Friedenstiften. | |
| Denn manche Hooliganfraktion ist nicht nur in symbolischer Nähe zur | |
| organisierten Kriminalität beheimatet. Einige Ultra-Bosse verdienen beim | |
| Ticketkauf noch immer ein Zubrot auf dem Schwarzmarkt. Genua-Coach Alberto | |
| Malesani wurde jedenfalls nach dem 1:4 entlassen. Und Sculli, der | |
| Schlichter? | |
| Der wurde wegen seiner tapferen Haltung von Verbandschef Giancarlo Abete | |
| gelobt: „Er hat gut daran getan, sein Trikot nicht herzugeben. Solche Leute | |
| dürfen nicht den Sieg davontragen.“ Allerdings wäre es zu schön zu wissen, | |
| wie genau er den Hooligan-Boss überredet hat. Hier schweigt der Held. | |
| Leider. | |
| 23 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
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