# taz.de -- Kommentar Betreuungsgeld: Ein rosarotes Strohfeuer | |
> Die Konservativen setzen aufs Urbild der Mutter, auf die der öffentlichen | |
> Sphäre entgegengesetzte fürsorgende Frau. Ein wenig mehr Rente soll | |
> Kritiker beruhigen. | |
Sie hört einfach nicht auf, diese Bauernfängerei rund um die Herdprämie. | |
Dieser elende Rohrkrepierer von Gesetzentwurf, er beschäftigt die Parteien | |
weiter. | |
Denn es geht um die ideologische Rettung der Jahrhunderte währenden | |
Arbeitsteilung zwischen Mutter (Familie) und Vater (Beruf). Die Teilzeit | |
arbeitende Frau variiert diese patriarchale Ordnung ja nur, sie stellt sie | |
nicht infrage. Die Vollzeit arbeitende und trotzdem „gute“ Mutter hingegen | |
markiert den Sprung in die Geschlechtergerechtigkeit. Vielen Konservativen | |
macht das Angst. Aber längst nicht mehr allen. | |
Auch sie akzeptieren zunehmend das international überprüfbare Fazit: Das | |
Taschengeld für die Hausbetreuung geht zu Lasten der Kinder und der Frauen, | |
zumal der aus unterpriveligierten Familien. Gewinn einstreichen können mit | |
der Debatte nur die tief verunsicherten IdeologInnen des Konservativismus. | |
Zumindest kurzfristig, zumindest symbolisch, zumindest bis zu den nächsten | |
Wahlen. | |
Angesichts des Krisenstakkatos in Sachen Wirtschaft, Wachstum und EU wollen | |
sich die Einfallslosen zumindest in einem Politikfeld als bewahrende Kraft | |
profilieren. Sie setzen auf das Urbild der Mutter, auf die der öffentlichen | |
Sphäre entgegengesetzte fürsorgende Frau. | |
Angesichts der gleichfalls endlosen Debatte über mehr Frauen in | |
Führungspositionen ist das Bedürfnis nach einer Beruhigungspille groß: Seht | |
her, wir, die Konservativen in der Union, wir schaffen Alternativen zur | |
überehrgeizigen Mutter und dem von Familienansprüchen an die Wand | |
gedrückten Alleinernährer! Solange wir da sind, steppt noch kein Bär in der | |
Personalabteilung, sondern alles geht noch ein paar Jahre seinen Gang. | |
Nichts spricht dafür, dass dieses neue rentenbasierte Kompensationsangebot | |
in die Tat umgesetzt wird. Strohfeuer ist Strohfeuer. Aber die Deutschen | |
lieben eben ihre Debattenkultur. Je weniger sie mit der Lebenswirklichkeit | |
zu tun hat, um so besser. | |
23 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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