# taz.de -- Bundesligaaufsteiger Frankfurt: Erste Liga, Eintracht ist dabei | |
> Bei keinem Zweitligisten war die Sehnsucht nach Erstligafußball größer | |
> als bei den Frankfurtern. Nach dem Sieg in Aachen ist der Eintracht der | |
> Aufstieg nicht mehr zu nehmen. | |
Bild: Mal schauen, ob der Wunsch dieses Fans in Erfüllung geht... | |
FRANKFURT taz | Trotz des Jubels möchte Vorstandschef Heribert Bruchhagen | |
keine Riesensause auf dem Frankfurter Römerberg veranstalten, denn er | |
betrachtet den Aufstieg als die Behebung eines Betriebsunfalls. Der | |
passierte 2011 ganz überraschend: Nachdem die Eintracht nach der Hinrunde | |
noch Siebter war, stürzte sie in der Rückserie ins Bodenlose. Den Abstieg | |
konnte auch der als Retter verpflichtete Christoph Daum nicht verhindern. | |
Also musste der Verein nun ein Jahr lang im Unterhaus kicken. Sicherlich | |
haben die bisher 20 Siege den frenetischen Frankfurter Fans gutgetan, doch | |
deren Selbstverständnis ist so, dass sie lieber nach Bayern und Dortmund | |
als nach Ingolstadt und Aue reisen. Das hat mit dem Umfeld des Fußballklubs | |
sowie mit dessen Tradition zu tun. Durch die geschichtliche Bedeutung, den | |
Flughafen und die Wirtschaftskraft betrachten viele Frankfurter ihre Stadt | |
mehr als internationale Metropole denn als fünftgrößte deutsche Stadt mit | |
weniger als 700.000 Einwohnern. | |
Bodenständig zu arbeiten, das war lange Zeit auch nicht die Stärke der | |
Verantwortlichen bei der Eintracht. Die Großmannssucht der 80er und 90er | |
Jahre führte den Verein mehrmals an den Rande der Insolvenz. Doch es gab | |
auch gute Zeiten: Die „Diva vom Main“, wie der Verein liebevoll von seinen | |
Fans genannt wird, verpasste 1992 in einem dramatischen Saisonfinale nur | |
knapp die Meisterschaft. | |
Die letzte und bisher einzige Meisterfeier liegt allerdings schon lange | |
zurück. Im Juni 1959 holten die Frankfurter im Finale gegen ihren | |
Lokalrivalen aus Offenbach den Titel. Vier Jahre nach den Titelträumen des | |
Jahres 1992 kam der Absturz: Das Gründungsmitglied der Bundesliga stieg | |
erstmals ab und mutierte fortan zur Fahrstuhlmannschaft. Nach vier | |
Abstiegen folgte mit dem diesjährigen aber auch der vierte Aufstieg. | |
## Bodenständige Spaßbremse | |
In sichere finanzielle Gewässer brachte den Traditionsverein Heribert | |
Bruchhagen, der seit über acht Jahren Vorstandsvorsitzender der Eintracht | |
ist. Doch an ihm scheiden sich manche Frankfurter Geister. Zwar hat er | |
durch seine bodenständige Art dem Verein viel Kontinuität gegeben, doch er | |
gilt auch als Spaßbremse. Das wurde auch nach dem Spiel in Aachen deutlich, | |
als Bruchhagen nicht mit den auf das Feld gestürmten Fans feiern wollte. | |
Seine kaufmännische Devise war stets, keine Schulden zu machen, was manche | |
Träume vom Europapokal platzen ließ. Die Ironie des Schicksals: Als die | |
Eintracht unter Bruchhagen letzte Saison erstmals mehr ausgab, als sie | |
einnahm, stieg der Verein prompt ab. Auch in der laufenden Zweitligasaison | |
wurde ein finanzielles Risiko eingegangen, die Eintracht hatte den höchsten | |
Zweitliga-Etat der Geschichte. | |
Der direkte Wiederaufstieg war nicht nur vereinspolitische, sondern auch | |
finanzielle Pflicht. Andernfalls hätte die Eintracht Leistungsträger wie | |
ihren Schweizer Kapitän Pirmin Schwegler oder den 21-jährigen Sebastian | |
Jung verkaufen müssen. | |
## Frankfurter Freunde der Pyrotechnik | |
Ein Problem, mit dem der Verein immer wieder zu kämpfen hatte, war der | |
Ärger, den die Ultrafans durch den Einsatz von Pyrotechnik verursachten. | |
Dafür belegte der DFB die Eintracht mit Geldstrafen und schloss mehrfach | |
Frankfurter Anhänger von den Spielen aus, das letzte Mal beim Auswärtsspiel | |
bei Union Berlin, wo rund tausend von ihnen trotz des Verbots mit Hilfe der | |
Berliner Anhänger ins Stadion gelangten und den Gästeblock stürmten. | |
Durch souveräne Siege wie das 4:0 in Berlin wurde der „Betriebsunfall | |
Abstieg“ nun korrigiert. Zu verdanken haben das die Frankfurter nicht | |
zuletzt dem ehemaligen Meistertrainer Armin Veh. Denn er schaffte es, der | |
Mannschaft die nötige Leidenschaft einzuhauchen, die man im kampfbetonten | |
Unterhaus für den Aufstieg braucht. | |
Die Frankfurter spielten mit der besten Offensive der zweiten Liga eine | |
überzeugende Saison und kehren verdient ins Oberhaus zurück. Ob Veh Trainer | |
bleibt, ist noch unklar. Realistisch spielt die Eintracht nächste Saison - | |
ob mit oder ohne Veh - gegen den Abstieg. Gelingt ihr dann der | |
Klassenerhalt, wird es bestimmt eine große Party geben, auch wenn manche in | |
Frankfurt von mehr träumen. | |
24 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
## TAGS | |
Heribert Bruchhagen | |
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