# taz.de -- Öffentlich-rechtliche Sender im Internet: Erstaunter Blick über d… | |
> In Deutschland zanken sich Verleger und öffentlich-rechtliche Sender um | |
> die Hoheit im Internet. Ganz anders in Frankreich. „Arte“ tobt sich im | |
> Netz aus. | |
Bild: Das Artemagazin ist nur ein „begleitendes Angebot“, darf also auch in… | |
Manchmal, aber das würden diese höflichen Menschen nie zugeben, müssen sie | |
schon ein bisschen lächeln über die Kollegen auf der anderen Rheinseite, | |
drüben in Deutschland. Wie sie dort bei den öffentlich-rechtlichen Sendern | |
mit der Onlinewelt umgehen und dabei immer wieder in kleinlichen | |
Scharmützeln landen, mit den Privatfunkern, den Resten der | |
CDU-Medienpolitik und vor allem den Zeitungsverlegern. | |
Arte sitzt in Straßburg, und Strasbourg ist Frankreich „Wer kann, der darf | |
– mit allen Mitteln“, sagt also Arte-Programmdirektor Christoph Hauser zu | |
den Onlinebedingungen für den deutsch-französischen Kulturkanal. | |
Konkurrenz im Netz, auch zwischen den in Deutschland so verkämpften | |
Mediengattungen Print und Fernsehen, sei geradezu gewollt, „man sieht das | |
eher als sportlichen Wettbewerb“. In dem Arte gleich in doppelter Hinsicht | |
eine Sonderrolle einnimmt: „Als deutsch-französischer Kulturkanal sind wir | |
kein Player im heiß umkämpften Nachrichten- und Sportbereich“, so Hauser. | |
## Schnittstelle zwischen TV und Netz | |
Daher sei die Konkurrenz mit den Onlineablegern der Verlage vielleicht | |
nicht heftig, wie das in Deutschland der Fall ist. Und dann ist da noch der | |
COM-Vertrag mit der französischen Hälfte von Arte: Danach ist Arte France – | |
wie in Großbritannien die BBC – vom Staat ausdrücklich aufgefordert, neue | |
digitale Angebote auszubauen und damit bestimmte Nutzerzahlen zu erreichen | |
„So soll eine Schnittstelle zwischen dem klassischen Fernsehen und dem | |
Internet etabliert werden, gerade weil privatwirtschaftlich noch keine | |
tragfähigen Finanzierungsmodelle in Sicht sind“, sagt Florian Hager, Artes | |
Direktor für Neue Medien. Die französische Seite von Arte bekommt sogar ein | |
Extra-Budget, um Inhalte ausschließlich für das Internet zu produzieren – | |
im krassen Gegensatz zur Situation in Deutschland, wo den | |
öffentlich-rechtlichen Sendern nur „programmbegleitende“ Onlineangebote | |
gestattet sind. | |
Die COM-Vereinbarung, die mit dem französischen Staat geschlossen wurde, | |
der auch für die Finanzierung sorgt, sieht dabei konkrete Reichweiten vor. | |
## Verhindern statt Gestalten | |
„Da zum Beispiel sind Mindest-Klickzahlen angegeben. Wenn diese Benchmarks | |
nicht erfüllt werden, gibt’s die Kohle nicht“, so Hager. Der erbitterte | |
Streit in Deutschland erscheint den Arte-Programmmachern ohnehin als | |
„Stellvertreterdiskussion“, bei der sie vor allem eine Sache wundert: | |
„Warum ist es in Deutschland so verpönt, darüber zu sprechen, dass es den | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch im Netz geben soll?“, fragt Hauser. | |
Zumal dieser „Verhindern statt gestalten“-Ansatz letztlich alle Beteiligten | |
zurückwerfe. | |
Arte will vor allem „da reingehen, wo keine Businessmodelle da sind“, so | |
Hauser. Die Reportage-Redaktion begleitet für ihre Webdocumentaries zum | |
Beispiel internationale JournalistInnen, die aus Frankreich über den | |
laufenden Wahlkampf berichten. Interaktivität ist Trumpf, auch bei Arte | |
Creative, der schon 2011 im Netz gestarteten Kreativplattform. | |
Dort wird gezielt mit jungen KünstlerInnen und Kunsteinrichtungen | |
kooperiert, daneben gibt es aber auch einen moderierten „Mitmachbereich“, | |
der allen offensteht. „Wir wollen spannende Inhalte finden, kuratieren und | |
anreichern, das ist die große Chance von Arte im Netz“, sagt Hager: „Und | |
das ist natürlich immer im Dialog mit unseren Zuschauern und Nutzern unser | |
Vorteil: dass wir sie ziemlich gut kennen.“ | |
Wenn man den öffentlich-rechtlichen Sendern aber in der digitalen Welt zu | |
viele Beschränkungen aufzwinge, „kommt ein anderer und räumt den ganzen | |
Kuchen ab“, meint Hauser: „Das wird dann zum Google-Hupf.“ | |
26 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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