# taz.de -- Kommentar Tarifverhandlungen: Mitfahren im Aufzug | |
> Dass sich die Metallbranche stabilisiert, ist ein gesellschaftliches | |
> Signal: Es wird nicht alles immer schlechter in der unteren | |
> Mittelschicht. | |
Mit orange Westen, Trillerpfeifen und Transparenten stehen die | |
Beschäftigten in der Metallindustrie vor den Werktoren, um ihren | |
Forderungen nach mehr Lohn Ausdruck zu verleihen. Es geht in diesem | |
Tarifkonflikt um den „fairen Anteil“ der Arbeitnehmer am Erwirtschafteten, | |
wie die IG Metall betont. | |
Ein Lohnplus, das nur die Inflation ausgleicht, reicht daher nicht aus. | |
Stattdessen muss diesmal wieder das alte „Verbesserungsversprechen“ | |
eingelöst werden, das typisch ist für die Tarifpartnerschaft: Wenn es bei | |
den Unternehmen aufwärts geht, müssen auch die Facharbeiter mitfahren | |
dürfen im Aufzug nach oben. | |
Der Metallindustrie geht es recht gut, im vergangenen Jahr stieg die | |
Produktion um 13 Prozent, derzeit stagnieren die Auftragseingänge, aber von | |
einer Flaute kann keine Rede sein. Im Durchschnitt liegt das Arbeitsentgelt | |
in der männlich dominierten Metall- und Elektrobranche bei 48.000 Euro | |
brutto im Jahr, davon können Vollzeitbeschäftigte etwa in der | |
Gesundheitsbranche nur träumen. | |
Sicher ist, wer als Zeitarbeitnehmer in einer Autofabrik ackert, ist auch | |
dort ein Beschäftigter zweiter Klasse. Allerdings sind in der Metallbranche | |
nur 6,8 Prozent der Beschäftigten als Zeitarbeiter tätig, der Anteil | |
stagniert, sodass von einer sich epidemisch ausbreitenden Form dieser | |
Arbeitsverhältnisse derzeit nicht gesprochen werden kann. | |
Neid auf die Metaller ist dennoch fehl am Platze. Schließlich haben | |
Tausende dieser Beschäftigten während der Finanz- und Exportkrise durch die | |
Kurzarbeit hohe Einkommenseinbußen gehabt und um ihre Jobs gezittert. Wenn | |
sich die Belegschaften in der Metallbranche nun einkommensmäßig | |
weiterstabilisieren und ein sattes Plus verzeichnen könnten, dann wäre das | |
auch ein gesamtgesellschaftliches Signal: Es wird nicht alles immer | |
schlechter mit den Einkommen in der unteren Mittelschicht. | |
Dieses Signal hilft auch anderen Branchen. Eine Vier vor dem Komma muss | |
daher mindestens sein. | |
3 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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