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# taz.de -- Plagiatsaffäre Graf: Auch ohne Doktor CDU-Fraktionschef
> Der Fraktionschef der Berliner CDU erhält fast 90 Prozent Zustimmung bei
> der Vertrauensfrage. CDU-Landeschef Henkel attestiert Graf Demut und
> Reue.
Bild: Der im Amt bestätigte Fraktionschef Florian Graf kurz nach der Vertrauen…
BERLIN taz | Ganz so locker ist die Sache dann doch nicht an Florian Graf
vorbeigegangen. Daran änderte auch nichts, dass die CDU-Fraktion ihn gerade
mit fast 90 Prozent als Vorsitzenden bestätigt hatte. Vier, fünf Sätze
äußerte Graf nach der Abstimmung vor Journalisten, dann zog er sich zurück.
30 Abgeordnete hatten für ihn gestimmt, drei gegen ihn, einer enthielt
sich. Vier der 38 Fraktionsmitglieder fehlten. Grafs Reserviertheit passte
zu dem, was kurz darauf von CDU-Landeschef Frank Henkel zu hören war: „Für
ihn wird das emotional noch nicht erledigt sein“, sagte er, „für die
Fraktion ist es erledigt, für mich auch.“
Früh am Morgen – die Parlamentskantine hatte gerade mal aufgemacht – hatte
sich die CDU-Fraktion zur Sondersitzung getroffen. Graf wollte ein klares
Votum, ob er trotz Plagiatsaffäre im Amt bleiben solle. Vor sechs Tagen war
bekannt geworden, dass er bei seiner 2010 beendeten Doktorarbeit
stellenweise geschummelt und auf 7 von 209 Seiten nicht sauber zitiert
hatte.
Er selbst beantragte am Freitag bei der Uni Potsdam, ihm den Doktortitel
abzuerkennen. Die Uni hatte ihn aufgefordert, sich zu Ungereimtheiten in
seiner Arbeit zu äußern. Am Mittwoch entsprach sie Grafs Bitte und entzog
ihm den Titel.
## „Außerordentlich dankbar“
Er sei „außerordentlich dankbar“ für die 88,2 Prozent Zustimmung, sagte
Graf. Er habe große Fehler gemacht und diese eingeräumt. „Ich bin mir
sicher, dass es gelingt, das in der Öffentlichkeit verloren gegangene
Vertrauen zurückzugewinnen.“
Eine Vertrauensfrage in der Fraktion sei genau der richtige Schritt,
kommentierte CDU-Generalsekretär Kai Wegner vor Sitzungsbeginn gegenüber
Journalisten. Es zeige, dass Graf sich bewusst sei, Fehler gemacht zu
haben. Das war tags zuvor auch von vielen Abgeordneten zu hören gewesen.
Wer in der geheimen Abstimmung gegen Graf votierte und ihn nicht mehr als
Fraktionschef haben wollte, blieb offen. Graf hatte eingangs die Lage
erneut zusammengefasst und Fehler eingeräumt. Ein Aussprache blieb aus, die
Abstimmung folgte sofort. „Er war demütig, er hat Reue gezeigt“, berichtete
Parteichef Henkel aus der kaum 25-minütigen Sitzung.
Offenbar in Richtung des wegen Pfuscherei bei seiner Doktorarbeit
zurückgetreteten Ministers Karl-Theodor zu Guttenberg ergänzte er: „Florian
Graf hat anders als in vergleichbaren Fällen keine Salamitaktik angewandt.“
Guttenberg hatte nur scheibchenweise zur Aufklärung beigetragen.
## „Eine integre Persönlichkeit“
Henkel sprach davon, er habe sich ein ehrliches Ergebnis gewünscht, „und
das ist ein ehrliches Ergebnis“. Trotz der Pfuscherei bei der Doktorarbeit
ist Graf für den CDU-Chef „eine integre Persönlichkeit“. Henkel hob den
kollegialen Umgang des Fraktionschefs mit den Abgeordneten hervor.
Bereits vergangene Woche, als Graf den Entzug seines Doktortitels
beantragte, hatte SPD-Fraktionschef Raed Saleh sich lobend über seinen
CDU-Kollegen geäußert: „Ich habe Respekt vor diesem ausreichenden Schritt
des Fraktionsvorsitzenden Florian Graf, mit dem ich sehr gut
zusammenarbeite.“
Auch bei taz-Gesprächen mit CDUlern in dieser Woche klang immer wieder
durch, dass Graf nun neben seinem schnellen Schuldeingeständnis sein
uneitles Auftreten als Fraktionschef half. Einem imposanter auftretenden
und manchen vergrämenden Vorsitzenden im Stile des früheren Fraktionschefs
Frank Steffel hätten einige nicht vergeben. Hinzu kommt, dass sich in der
Fraktion kein Nachfolger aufdrängte – und dass die CDU kein Interesse hat,
ihr derzeitiges Image als geschlossen auftretende Partei durch eine Abwahl
zu beschädigen.
3 May 2012
## AUTOREN
Stefan Alberti
Stefan Alberti
## TAGS
Fußball-Bundesliga
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