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# taz.de -- Volksentscheid wird wasserdicht: Das Volk hat das letzte Wort
> Einigung über eine Verfassungsänderung zwischen der Initiative "Mehr
> Demokratie" und allen fünf Fraktionen der Bürgerschaft schafft mehr
> Rechtssicherheit.
Bild: Endlich juristisch wasserdicht: Volksentscheide.
Volk und Volksvertreter nähern sich weiter an. Einen Konsens über die
künftige Volksgesetzgebung in Hamburg haben am Donnerstag die Initiative
„Mehr Demokratie“ und alle fünf Fraktionen in der Bürgerschaft erzielt.
Danach soll nun der Senat die Vereinbarungen in einem Gesetzentwurf
ausformulieren und der Bürgerschaft zuleiten. Der Verfassungsausschuss will
sich am 24. 8. mit dem Gesetz befassen, das die Bürgerschaft Mitte
September verabschieden soll.
Da es sich um eine Verfassungsänderung handelt, ist aber mindestens eine
Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Der Konsens aller Fraktionen soll
sicherstellen, dass die Volksgesetzgebung auf lange Sicht eine verlässliche
juristische Grundlage hat.
Kernpunkt der Neuerung ist es, die Rechtssicherheit von Volksentscheiden zu
verbessern. So muss der Senat eine Volksinitiative künftig dem
Hamburgischen Verfassungsgericht vorlegen, falls er an deren Zulässigkeit
zweifelt. Genau das war beim Volksbegehren „Unser Hamburg – Unser Netz“
nicht geschehen. Nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition Ende 2010
hatte der CDU-Minderheitssenat unter Bürgermeister Christoph Ahlhaus es
versäumt, diese Frage zu prüfen; Fristen waren verstrichen. Nun will die
CDU-Fraktion eventuell nachträglich das höchste Hamburger Gericht anrufen.
Ein solcher Zick-Zack-Kurs soll mit der jetzigen Reform begradigt werden.
Stärken soll das neue Gesetz auch die Kompromissmöglichkeiten zwischen
Bürgerschaft und Volksinitiativen. Denn künftig können die Fristen
erweitert oder ausgesetzt werden, um mehr Raum für Konsensgespräche zu
schaffen.
Zudem regelt die Gesetzesnovelle wann und unter welchen Bedingungen ein
Referendum durchgeführt wird. Dieses kann immer dann eingefordert werden,
wenn die Bürgerschaft einen Volksentscheid abändern will. Wenn das
Parlament einen solchen Beschluss fasst, kann eine Initiative dagegen ein
verkürztes Verfahren starten. Die Sammlung von 30.000 Unterschriften in
drei Monaten reicht aus, um die Gesetzesänderung zu stoppen und einen
Volksentscheid anzusetzen.
Im Januar hatte das Parlament bereits einhellig eine Vereinbarung mit der
Initiative über die Reform der bezirklichen Bürgerbegehren verabschiedet
(siehe Kasten). Mit den jetzt vereinbarten Regelungen soll die
Volksgesetzgebung auf Bezirks- und Landesebene harmonisiert werden.
Der Konsens zeige „die respektvolle Qualität des Umgangs der Politik mit
den Bürgerinnen und Bürgern“, sagt Frank Teichmüller von Mehr Demokratie.
Vor allem das vereinfachte Referendum sei „ein großer Fortschritt für die
Verlässlichkeit der Demokratie“, weil die Wähler künftig das letzte Wort
hätten.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel freut, „dass wir bei den Spielregeln für
Volksentscheide erneut einen parteiübergreifenden Konsens erreicht haben
und die Rechtssicherheit bei Volksentscheiden verbindlich festschreiben“.
Das „Plus an Rechtssicherheit ist im Sinne aller Beteiligten“, findet auch
André Trepoll, CDU-Verfassungsexperte.
Die Grünen freuen sich vor allem über die Korrekturmöglichkeiten der
Wählerschaft: „Wenn das Volk um seinen Volksentscheid betrogen wird, kann
es jetzt erstmals zu einem Referendum kommen. Mit diesem Gesetz werden
Volksentscheide besser abgesichert“, glaubt der verfassungspolitische
Sprecher der GAL, Farid Müller.
Das „erhöhte Maß an Transparenz und mehr Möglichkeiten, um sachliche
Kompromisse zu finden“, findet der verfassungspolitische Sprecher der
FDP-Fraktion, Kurt Duwe. Und auch Tim Golke von den Linken betont, dass
„der vorliegende Kompromiss von allen gleichermaßen akzeptiert“ werde.
3 May 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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