# taz.de -- Bombenfund am 1. Mai: Viel Raum für Spekulationen | |
> Die linke Szene glaubt nicht, dass die Rohrbomben aus der 18-Uhr-Demo | |
> kamen. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen und baut die Bomben nach, | |
> um sie zu testen | |
Bild: Aus der Demo oder gegen die Demo? 18-Uhr-Demo am 1. Mai 2012 auf dem Weg … | |
In der linken Szene herrscht große Skepsis über den Ursprung der | |
Rohrbombenfunde auf der 18-Uhr-Demonstration am 1. Mai: Als „völlig | |
abwegig“ bezeichnen es die Demo-Organisatoren, dass der Sprengsatz von | |
Teilnehmern des Aufzugs kam. Auch die Polizei ermittelt noch in andere | |
Richtungen. | |
Am Montag hatte die Behörde bekannt gegeben, dass Beamte am 1. Mai auf der | |
Wegstrecke der 18-Uhr-Demo drei 40 Zentimeter lange Metallrohre gefunden | |
hatten, zwei auf der Oranien-, eine auf der Markgrafenstraße. Diese waren | |
mit einem Chlorat-Zucker-Gemisch gefüllt und mit einer Lunte versehen, aber | |
ungezündet. Für Jonas Schiesser vom Demo-Bündnis ist es „ausgeschlossen“, | |
dass die Rohre aus dem Aufzug kamen. Es sei undenkbar, dass Teilnehmer | |
Polizisten und letztlich auch Mitdemonstranten mit Sprengsätzen hätten | |
verletzen wollen, so Schiesser. „Es geht am 1. Mai um politische Ziele, | |
nicht um militärische Auseinandersetzung.“ | |
Auch Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin sieht | |
„keinerlei Anzeichen“, die Rohrbomben „den Demo-Leuten in die Schuhe zu | |
schieben“. Man sollte „alles in Betracht ziehen“. Da habe jemand ohne | |
gesunden Menschenverstand gehandelt, so Laumeyer. Zudem lasse es viele | |
Fragen offen, dass die Polizei erst knapp eine Woche nach dem Fund die | |
Sprengsätze präsentiere. | |
Bei der Polizei fehlten auch am Dienstag Hinweise auf die Täter. | |
Zeugenaufrufe liefen bisher ins Leere. Sprecher Stefan Redlich betonte, | |
dass offen ermittelt werde, wem die Sprengsätze gegolten hätten. Dass die | |
Polizei die Zündsätze selbst deponiert haben könnte, wie manche Linke | |
vermuten, nannte Redlich „vollkommen absurd“. | |
Die Polizei baut derzeit die Rohrbomben nach, um diese auf dem Sprengplatz | |
Grunewald auf ihre Zündfähigkeit zu testen. Bisher wird wegen Verstoßes | |
gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt. Erweisen sich die Rohre als | |
explosionsfähig, lautet der Vorwurf Vorbereitung eines | |
Sprengstoffverbrechens. Dafür drohen bis zu fünf Jahre Haft. Spekulationen, | |
dass sich die Bundesanwaltschaft in die Ermittlungen einklinken könnte, | |
widersprach Redlich. Dies werde, wenn überhaupt, geprüft, wenn die | |
Sprengfähigkeit geklärt sei. | |
In der linken Szene erfreut sich Pyrotechnik auf Demonstrationen | |
zunehmender Beliebtheit. Diese, so Laumeyer, seien aber „eher ein | |
Stimmungsinstrument“. Auch auf der 18-Uhr-Demo wurden wiederholt Böller | |
gezündet, vorm Springer-Verlagshaus auch eine Rauchbombe. Für Aufsehen | |
sorgte im Juni 2010 eine vermeintliche „Splitterbombe“ auf einer Berliner | |
Krisendemo. Diese entpuppte sich aber als Pyrotechnik. Rohrbomben auf einer | |
linken Demo gab es bisher nicht. | |
In der Szene wird eher eine Attacke von Außenstehenden auf die | |
Demonstration vermutet. „Das“, so Laumeyer, „wäre ganz schön krass, aber | |
plausibler.“ Er verweist auf das Jahr 2000, als ein 39-Jähriger mit einem | |
Attentat auf die Luxemburg-Liebknecht-Demo drohte. Am 1. Mai vor zwei | |
Jahren trugen zwei Neonazis bei einem Aufmarsch an der Bornholmer Straße | |
sechs Kleinsprengsätze mit Glassplittern bei sich. Sie wurden zu je zwei | |
Jahren Haft verurteilt. | |
Der Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke sagte, für ihn sei „nicht | |
vorstellbar“, dass Gesinnungsgenossen hinter den Taten steckten, „zumindest | |
nicht aus Berlin“. | |
8 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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