| # taz.de -- Kommentar Röttgen: Röttgen droht der Künast-Effekt | |
| > Norbert Röttgen erklärt die Wahl in NRW zu einer Abstimmung über Angela | |
| > Merkels Europapolitik. Dennoch droht ihm ein Desaster, nicht nur in | |
| > Nordrhein-Westfalen. | |
| Norbert Röttgen ist ein bemerkenswertes Kunststück gelungen: Die eigene | |
| Partei samt Kanzlerin kurz vor den wichtigsten Wahlen der Legislaturperiode | |
| gegen sich aufzubringen, das schafft nicht jeder Spitzenkandidat. | |
| Indem Röttgen die Wahl zu einer Abstimmung über Angela Merkels | |
| Europapolitik erklärt, nimmt er eine verrückt anmutende Umdeutung vor. | |
| Nicht er, Röttgen, wäre schuld an der sich abzeichnenden Niederlage der CDU | |
| in Nordrhein-Westfalen. Sondern Merkels Sparpolitik hätte eben keine | |
| Unterstützung durch die BürgerInnen bekommen. | |
| Ob nun Kalkül oder schlicht Unachtsamkeit hinter diesem Ausrutscher steckt, | |
| bleibt Röttgens Geheimnis – auch wenn Ersteres bei einem kühl | |
| kalkulierenden Analytiker wahrscheinlicher ist. Doch das ist im Prinzip | |
| auch egal: Entscheidend ist, dass Röttgen einen fatalen Eindruck erweckt. | |
| Er nimmt die Kanzlerin, die ihn im Wahlkampf nach Kräften unterstützt, in | |
| Haftung. Um später, falls nötig, Schuld für ein Scheitern auf sie abladen | |
| zu können. | |
| Röttgen hat sowieso wenig Freunde in der CDU, mit dieser Illoyalität | |
| schwächt er seine Machtbasis weiter. Wenn irgendwann das Gerangel um die | |
| Nachfolge Merkels beginnt, wird sich die Partei an solche Unredlichkeiten | |
| erinnern. | |
| Wobei durchaus verständlich ist, warum Röttgen im Moment nach Ausflüchten | |
| sucht. Sein Wahlkampf trifft nicht die Stimmung der Menschen, sein | |
| „Schulden gegen Sparen“-Spin klingt hohl. Ein Wahlergebnis, wie es sich | |
| derzeit in Umfragen andeutet, wäre für ihn ein Desaster. Die NRW-CDU könnte | |
| unter ihm so schlecht abschneiden wie noch nie in ihrer Geschichte. | |
| Selbst wenn sich die Partei in eine große Koalition retten kann, Röttgen | |
| wäre dennoch ein gescheiterter Spitzenkandidat. Und müsste demütig zurück | |
| nach Berlin kriechen. Ihm droht also der Künast-Effekt. Die Grüne, einst in | |
| ihrer Partei eine unumstrittene Spitzenfrau, hat sich bis heute nicht von | |
| ihrem Ausflug in die Berliner Landespolitik erholt. | |
| 9 May 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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