# taz.de -- Protest: Antikapitalisten und Trommelgruppen | |
> Zum 1. Jahrestag von Occupy ziehen in Berlin Demonstranten in einem | |
> Sternmarsch zum Alex. | |
Bild: Occupy vor dem Roten Rathaus | |
Der Wind knattert durch die roten Flaggen am Thälmann-Denkmal. Auf einer | |
werden Hammer und Sichel kräftig durchgeschüttelt, auf anderen gerät die | |
„Revolution“ ins Flattern. Etwa 180 DemonstrantInnen laufen von Prenzlauer | |
Berg aus unter dem Motto „Anticapitalista real Ya“ zum Alexanderplatz. Sie | |
sind Teil des Sternmarschs, mit dem Occupy Berlin die Entstehung der | |
Bewegung vor einem Jahr in Spanien feiern will. | |
Eine aufgeregte weibliche Stimme liest die Geschichte der Occupy-Bewegung | |
ins Mikrofon. Sie stammelt, gibt aber nicht auf: Dieser Teil des | |
Sternmarschs wolle das Ende des Kapitalismus – nicht weniger. „Für den | |
Kommunismus“ und „Anticapitalista“ rufen die DemonstrantInnen. Ein junger | |
Mann mit großen Ohrlöchern sagt, er sei als Mensch hier, nicht als Teil | |
einer Gruppe. Ein anderer meint, den Deutschen gehe es noch viel zu gut. | |
Wenn es hier erst wie in Spanien werde, würden mehr Leute auf die Straße | |
gehen. Der Wind pfeift in den Lautsprechern. Satzfetzen schallen durch die | |
Straße: „Wo sind die bezahlbaren Wohnungen?“ und: „Die Stadt als Lebensr… | |
wird Stück für Stück verkauft“. | |
Der Marsch erreicht den Alexanderplatz. Gerede von sozialer Gerechtigkeit, | |
gemischt mit russischer Musik, tönt über den Platz. Eine Gruppe in langen | |
lila Röcken und Baumwollpullis trommelt für „kostenlose Lebensfreude“. Auf | |
einen Bayern-München-Fan wirkt das sofort anregend: Er tanz und freut sich. | |
Ganz gratis. | |
Eine heisere Stimme ruft alle „Freunde der Revolution“ zum Neptunbrunnen: | |
„Wir brauchen da jeden Arsch.“ Die Veranstalter zählen später 3.500 | |
Teilnehmer – viel weniger als erhofft –, die Polizei schätzt die Zahl | |
deutlich niedriger. Bei der Abschlusskundgebung hören nicht mehr als 500 | |
Menschen zu. Man wolle einen „grundlegenden gesellschaftlichen Wandel“ | |
anstoßen, hatte es im Aufruf der Veranstalter geheißen. Und eigentlich | |
hätte am Neptunbrunnen für zwei Wochen ein Camp entstehen und Ideen für | |
eine bessere Welt sammeln sollen. Das sei von den Behörden verboten worden, | |
schallt es aus den Lautsprechern. „Buh!“, rufen die Demonstranten. Andere | |
Redner fordern unter anderem, landeseigene Wohnungen nicht zu verkaufen. | |
Dann rufen alle nach Marius. Er solle mit seiner Ukulele kommen, damit sie | |
ein Lied von Occupy Berlin singen können. Marius kommt aber nicht. | |
Stattdessen reimen HipHopper: „Geld oder Liebe, geht ab, bitte, bitte“. | |
Eine Countryband mischt sich ein, dazu erklingt plötzlich Reggae: | |
„Everything is gonna be allright“. Der Trommelgruppe reicht es. Sie zieht | |
mit ihrem Bollerwagen davon. | |
13 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Borjana Zamani | |
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