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# taz.de -- Kolumne American Pie: Der Arschretter von New York
> Goalie Henrik Lundqvist macht die Arbeitssiege der Rangers in den
> NHL-Playoffs erst möglich. Der „King of New York“ sieht sich aber nicht
> als Star, sondern als Teamspieler.
Bild: Madison Square Garden: Rangers-Goalie Henrik Lundqvist pariert im ersten …
Diesmal verbrachte der König einen vergleichsweise ruhigen Tag auf seinem
Thron. Gerade mal 21 Schüsse auf sein Tor brachten die New Jersey Devils
zustande, keiner stellte Henrik Lundqvist vor unlösbare Probleme.
Am Ende hatte der Torhüter der New York Rangers mal wieder eine weiße Weste
behalten und sein Team zu einem souveränen 3:0-Erfolg im ersten Spiel der
NHL-Halbfinal-Serie geführt. Und die New York Post, das älteste
Boulevardblatt der Welt, ernannte Lundqvist mal wieder zum „King of New
York“.
Es ist ein Titel, der einem im Gegensatz zur klassischen Königswürde nicht
auf Lebzeiten bleibt, sondern immer wieder neu erworben werden muss. Der
30-jährige Schwede aber glänzt seit sieben Jahren mit solch stabilen
Leistungen, dass ihn die meisten Experten mittlerweile für den besten
Eishockey-Goalie der Welt halten. Am Montag jedenfalls war er es ganz
bestimmt: Selbst sein Gegenüber im Tor der Devils, Martin Brodeur, lange
Zeit das Maß aller Dinge, sah blass aus im Vergleich zum souveränen
Lundqvist.
Alle drei Tore waren erst im letzten Drittel gefallen. Erstaunlich: Denn im
Gegensatz zu New Jersey, das sich fast eine ganze Woche auf den
Semifinalauftakt hatte vorbereiten können, war den New Yorkern nur ein
einziger Tag zur Regeneration geblieben. Erst am Samstag hatten sie das
siebte und entscheidende Spiel gegen die Washington Capitals gewonnen.
## Klassiker der NHL-Geschichte
Genauso umkämpft war schon der Einstieg in die K.o.-Runde gewesen: Auch
gegen die Ottawa Senators mussten die Rangers über die volle Distanz gehen.
Um das Halbfinale zu erreichen, musste sich New York aber nicht nur durch
die vollen vierzehn Spiele kämpfen, vier davon gingen auch noch in die
Verlängerung. Spiel Nummer drei gegen Washington, das erst nach 114 Minuten
und 41 Sekunden reiner Spielzeit endete, ist schon jetzt ein Klassiker der
NHL-Geschichte.
Umkämpfte Spiele in letzter Minute noch umzudrehen, das ist das
Markenzeichen der Rangers in dieser Saison. Dazu braucht man etwas Glück,
einen überragenden Torhüter und Mannschaftsgeist. „Wir brauchen keine
Stars, die uns den Arsch retten“, sagt Lundqvist, „wir haben gar keine
Stars.“
Dass sich die Rangers jedes Mal, wenn sie aufs Eis fahren, zerreißen, das
hat in New York eine Begeisterung fürs Eishockey entfacht, wie man sie seit
dem letzten Stanley-Cup-Gewinn 1994 nicht mehr erlebt hat. Denn so
glamourös die Weltmetropole New York auch sein mag, ihre Sportler liebt sie
vor allem als harte Arbeiter. „Unsere größte Stärke ist, dass wir
füreinander spielen“, sagt Lundqvist.
## Teamspirit statt Selbstverliebtheit
Mit dieser Einstellung bilden die Rangers die Antithese zu den Basketball
spielenden Kollegen von den Knicks, mit denen sie sich die Spielstätte
Madison Square Garden teilen. Deren Mannschaft um die selbstverliebten
Carmelo Anthony und Amare Stoudemire ist gerade sang- und klanglos in der
ersten Playoff-Runde der NBA ausgeschieden.
Bei den Rangers dagegen entwickelt nur der aus dem kaum 1.500 Einwohner
zählenden Åre stammende Lundqvist so etwas wie Starpotenzial, aber auch das
bleibt überschaubar. Denn der 1,85 Meter große Modellathlet mit den blauen
Augen und dem Fünftagebart sieht zwar aus wie ein Model, spielt nebenbei in
einer Rockband und wird regelmäßig in den Best-Dressed-Listen
amerikanischer und schwedischer Boulevardmagazine auf die vorderen Plätze
gewählt, aber von Skandalen oder wenigstens klatschspaltentauglichen
Affären ist aus seiner Karriere nichts überliefert.
Der 30-Jährige glänzt vor allem auf dem Eis. Schon in seiner ersten Saison
wurde er von der Presse liebevoll „King Henrik“ getauft, seitdem bricht er
alle Rekorde als Puckfänger. Im Jahr 2006 wurde er mit der schwedischen
Nationalmannschaft Olympiasieger, 2008 honorierten die Rangers seine
Leistungen mit einem Sechsjahresvertrag, der ihn zum bestbezahlten Torhüter
der NHL beförderte.
Nur der Stanley-Cup fehlt noch auf Lundqvists Liste: Sollten die Rangers
den NHL-Titel in diesem Jahr gewinnen, dann dürfte Lundqvist die
Königswürde auf Lebzeiten verliehen werden.
15 May 2012
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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