# taz.de -- Superpunk verabschiedet sich: Der Konsument hat eben versagt | |
> Sag zum Abschied leise servus: Superpunk lösen sich auf – aber nicht ohne | |
> eine letzte Tour und ein Abschiedsalbum namens „A Young Persons Guide to | |
> Superpunk“. | |
Bild: 17 Jahre Superpunk: Der Rückblick auf die eigene Geschichte dauert einig… | |
Rauchen hat schon immer geholfen. Beim Nachdenken über all die schönen und | |
schwierigen Dinge, die getan werden müssen, wenn etwas zu Ende geht. Zu | |
Nikotin wird auch gegriffen, als es um die Geschichte der Hamburger Band | |
Superpunk geht, die demnächst zu Ende geht. Also stecken sich Carsten | |
Friedrichs und Lars Bulnheim, Nochsänger und Nochgitarrist, erst mal | |
Glimmstengel an. | |
Von außen fisselt Nieselregen ans Fenster und untermalt ganz wie ein | |
Hamburgklischee den traurigen Anlass, zu dem man sich hier im Sofaraum des | |
Labels Tapete Records getroffen hat. „Die Luft ist raus“, sagt Friedrichs | |
lakonisch. „Und die Abstände zwischen den Proben wurden länger, irgendwann | |
haben wir daher beschlossen, es lieber sein zu lassen.“ | |
Der Rückblick auf die eigene Geschichte dauert noch einige Zigaretten | |
länger. Ganz am Anfang war die Lektüre. Carsten Friedrichs las 1995 in der | |
Bravo von Green Day als „den neuen Superpunks“ und dachte sich: „Das kön… | |
wir auch!“ Und daraus wurden für die fünf von Superpunk 17 Jahre. Ganz | |
schön lang für eine Band, die nie wirklich groß rauskam. Ganz schön kurz | |
für eine Band, die einem das angenehme Gefühl vermitteln konnte, dass sich | |
manches nie ändert. | |
„Eigentlich fühle ich mich wie 14“, sagt Friedrichs. Beim Rückblick lässt | |
er Altersmilde über die Bandvergangenheit walten. „Es gab keine schlimmen | |
Momente.“ In der Erinnerung werden noch die schmerzhaftesten Niederlagen | |
nostalgisch verfärbt. Selbstkritik weicht Selbstironie, angesprochen auf | |
das Ausbleiben kommerzieller Erfolge, sagt Friedrichs. „Der Konsument hat | |
eben versagt“, und fügt dann schulterzuckend hinzu: „Ich kann mich auch | |
über den Regen aufregen.“ | |
## Freundschaftlicher Seitenhieb | |
Der Titel des Superpunk-Debütalbums, „A bisserl was geht immer“, ist zum | |
Zeit überdauernden Bandmotto geworden. Kein passionierter Frust über die | |
wenigen Platten, die sie verkauft haben, die Konzertkarten, auf denen sie | |
sitzen geblieben sind und die Ignoranz des Feuilletons. Wohl schon gar | |
nicht über Letzteres. Denn mit dem „Studentenkram“ und „Philologengewich… | |
der Hamburger Schule, wie Lars Bulnheim es nach Erscheinen des zweiten | |
Albums „Wasser Marsch“ für die taz galant ausdrückte, wollten Superpunk | |
inhaltlich nicht in einen Topf geworfen werden. | |
Ein freundschaftlicher Seitenhieb, versteht sich, denn schließlich hat | |
Tocotronic-Bassist Jan Müller ursprünglich bei Superpunk angefangen, und | |
Keyboarder Thies Mynther war Produzent der Sterne und spielt mit der Band | |
Stella. Über den Zeitraum von drei Alben war man durch das Label L’Age D’Or | |
ohnehin mit den Bands der Hamburger Schule verbunden. An die Erfolge ihrer | |
Labelkollegen konnten Superpunk nicht anknüpfen, sie machten trotzdem | |
weiter mit dem, worauf sie Lust hatten. Und spielten sich mit ihrer | |
„Oldiemusik mit dünnen Gitarren und ironischen Texten“, wie es Friedrichs | |
absichtsvoll miesepetrig beschreibt, eine treue Fangemeinde. | |
„Die goldene Ära des Hamburg Soul ist zu Ende“, klagt ihr Fahrer Frank | |
Stöckling im lesenswerten Booklet des kürzlich erschienenen Best-of-Albums | |
„A Young Person’s Guide to Superpunk“. Superpunk seien „zwar die einzig… | |
aber auch mit Abstand die besten Vertreter dieser kleinen, aber feinen | |
Musikrichtung“ gewesen. Bleiben werden vor allem Verse wie diese aus dem | |
Superpunk-Klassiker „Neue Zähne für meinen Bruder und mich“: „Ich habe | |
keinen Hass auf die Reichen / Ich will ihnen nur ein bisschen gleichen.“ | |
Um ihre Fans machen sich Superpunk keine Sorgen, es sei denn, sie gingen | |
mit fliegenden Fahnen zu Herbert Grönemeyer. „Das würde mir das Herz | |
brechen“, sagt Friedrichs. Für sie selbst ist auch gesorgt, bei allen geht | |
es weiter mit Musik, nur eben auf getrennten Wegen: „Einmal damit | |
angefangen, kann man nicht mehr aufhören.“ Wenn nach dem letzten Superpunk | |
Auftritt die Lichter auf der Bühne gelöscht sind, geht von allem ein | |
bisschen zu Ende: Soul, Punk und Hamburg. Macht zusammengenommen doch ganz | |
schön viel. Wie soll man sich später an Superpunk erinnern? „Ich würde es | |
begrüßen, wenn wir in Magazinen auftauchen, in denen Nerds Artikel über | |
alte Bands schreiben“, sagt Lars Bulnheim, „mit Diskografie.“ Friedrichs | |
wünscht sich „greise Fans“, die ihren Enkeln von früher erzählen. „Dann | |
werden sie Köpfe schütteln, die ununterbrochen wackeln, und immer | |
wiederholen: Ich versteh nicht, warum die nicht größer waren.“ | |
24 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Carla Baum | |
## TAGS | |
Pudelclub | |
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