# taz.de -- Doku über Säureattentate in Pakistan: Angst vor neuem Gesichtsver… | |
> Opfer von Säureattentaten in Pakistan wollen aus Furcht vor Vergeltung | |
> die Ausstrahlung eines Oscar-gekrönten Dokufilms verhindern. Bedroht | |
> werden sie schon jetzt. | |
Bild: Bei der Oscar-Verleihung war die Freude bei Sharmeen Obaid-Chinoy und Dan… | |
BERLIN taz | Sie stehen im Mittelpunkt eines Oscar-gekrönten | |
Dokumentarfilms, der die Welt auf ihren Überlebenskampf als Opfer von | |
Säureattentaten aufmerksam machen will. Doch jetzt, wo der 40-minütige Film | |
in ihrer Heimat Pakistan gezeigt werden soll, bekommen es einige der | |
Hauptdarstellerinnen mit der Angst zu tun. Ihr Anwalt versucht deshalb, die | |
Ausstrahlung zu verhindern. | |
Als der Dokumentarfilm „Saving Face“ im Februar mit dem Academy Award | |
(„Oscar“) in der Sparte Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, war der Jubel | |
in Pakistan groß. Denn die prämierte Filmemacherin Sharmeen Obaid-Chinoy, | |
die den Streifen zusammen mit dem US-Amerikaner Daniel Junge gemacht hatte, | |
stammt aus Karatschi. Sie bekam als erste Pakistanerin überhaupt die | |
begehrte Auszeichnung. Die Regierung gab ihr darauf gleich noch Pakistans | |
höchsten Orden. | |
Schon damals war klar, dass der Inhalt des Films für Pakistan wenig | |
schmeichelhaft ist. Doch der Glanz der prestigeträchtigen Auszeichnung wog | |
in dem Land, das sonst für negative Schlagzeilen bekannt ist, schwerer. | |
Zudem zeigt der Film auch den bewundernswerten Einsatz eines | |
pakistanisch-britischen Chirurgen, der den verätzten Frauen zu neuen | |
Gesichtern verhilft, sowie die mutige Arbeit der pakistanischen Acid | |
Survivors Foundation, die den Opfern hilft. | |
Doch einigen wird jetzt die Aufmerksamkeit zu viel: „Wir wussten nicht, | |
dass er ein Hit wird und einen Oscar gewinnt. Das ist völlig falsch“, sagt | |
die 22-jährige Naila Farhat der Nachrichtenagentur AFP. Sie verlor als | |
13-Jährige bei einem Säureattentat ein Auge und sagt, sie habe ihr Gesicht | |
nie der Welt zeigen wollen: „Wir könnten in große Gefahr kommen, und wir | |
haben Angst davor. Um Gottes Willen, uns könnte das Gleiche wieder | |
passieren.“ | |
## Bedrohungen auch ohne den Film | |
Laut dem Anwalt der Acid Survivors Foundation, Naveed Muzaffar Khan, hätten | |
die Opfer nie zugestimmt, dass der Film in Pakistan gezeigt wird. | |
Obaid-Chinoy, die das US-Magazin Time im April zu den hundert | |
einflussreichsten Personen kürte, behauptet hingegen, ihr lägen | |
Unterschriften der Frauen vor, wonach der Film weltweit gezeigt werden | |
dürfe. Doch räumt sie ein, dass eine Frau bereits aus der für Pakistan | |
bestimmten Version herausgeschnitten worden sei. | |
Offenbar schwankte auch die Acid Survivors Foundation in ihrer Position. | |
Denn erst machte sie bei dem Film mit und profitierte von seiner | |
Publizität, jetzt überwiegt anscheinend die Sorge. Eine Stellungnahme lehnt | |
sie momentan ab. | |
Laut Anwalt Khan werden die Frauen schon ohne den Film bedroht. Gemäß der | |
Foundation gibt es 200 Säureattentate pro Jahr in Pakistan. Opfer sind | |
überwiegend Frauen, Täter meist Männer. Sie kippen aus Rache Batteriesäure | |
in die Gesichter der Frauen, wenn diese ihre Annäherungen zurückweisen oder | |
Ehefrauen abgestraft werden sollen. Die Täter kommen oft davon oder kaufen | |
sich durch Korruption frei, die Opfer werden nicht selten von ihren | |
Familien und Nachbarn verstoßen. | |
25 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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