Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- BP steigt bei Nabucco-Pipeline aus: Die Oper ist fast zu Ende
> Der letzte Gaslieferant für die geplante Pipeline, die Europa
> unabhängiger von Russland machen sollte, springt ab. Für BP ist Nabucco
> „keine Option mehr“.
Bild: Ohne BP hat Nabucco überhaupt keinen Gaslieferanten mehr.
ISTANBUL taz | Das größte europäische Infrastrukturprojekt, die gigantische
Gaspipeline „Nabucco“ vom Kaspischen Meer bis Wien, wird wohl endgültig
nicht gebaut: Der wichtigste Zulieferer ist abgesprungen. Offiziell will
der deutsche Energiekonzern RWE, der neben der österreichischen OMV und den
staatlichen Gaskonzernen aus der Türkei, Rumänien und Bulgarien
Anteilseigner des Projekts ist, die Pläne aber noch nicht zu den Akten
legen.
Auf einem Kongress in Berlin verkündete der Chef des britischen
Weltkonzerns BP, Ian Conn: „Nabucco ist für uns keine Option mehr.“ BP aber
ist der Konsortialführer einer Gruppe von Energiekonzernen, die in
Aserbaidschan das größte Gasfeld „Shah Deniz“ ausbeuten werden und damit …
2017 die Nabucco-Pipeline füllen sollten. Macht BP nicht mehr mit, hat
Nabucco überhaupt keinen Gaslieferanten mehr.
Geplant ist, dass jährlich 31 Milliarden Kubikmeter Gas [1][nach
Westeuropa] geliefert werden sollen. Nur diese enorme Kapazität würde die
3.300 Kilometer lange Pipeline wirtschaftlich und auch den Hauptzweck
möglich machen: die jetzige Abhängigkeit Europas von der russischen Gazprom
zu verringern.
Doch Europas Politiker fahnden vergeblich nach Gaslieferanten. Neben
Aserbaidschan sollte das vor allem Turkmenistan sein. Dessen Autokrat
Gurbanguly Berdimuhamedow wurde jahrelang von der EU-Kommission, vom
Nabucco-Sonderbeauftragten Joschka Fischer wie auch von Bundeskanzlerin
Angela Merkel umschmeichelt.
## Baukosten könnten sich verdoppeln
Doch letztlich machten Peking und Russland die Punkte. China hat bereits
eine Gaspipeline in die turkmenische Steppe gebaut, und Moskau bot mehr
Geld und hat außerdem den Vorteil, dass seine Röhren für den Gastransport
bereits existieren. Außerdem müsste turkmenisches Gas mit einer Pipeline
durch das Kaspische Meer geführt werden, bevor es in Baku eingespeist würde
– das wirft rechtliche Fragen über die Meeresnutzung auf.
Der Gastransport aus dem Kaspischen Becken über den leichten Weg durch den
Iran verbietet sich für die EU aus politischen Gründen. Es wurde noch nicht
einmal ein Versuch gemacht, Teheran einzubinden. Gas aus Ägypten und dem
Irak wäre Zukunftsmusik.
Als die letzten Machbarkeitsstudien dann noch zeigten, dass sich die
Baukosten von den geplanten 7,8 Milliarden Dollar auf 15 Milliarden
verdoppeln könnten, stieg der staatliche ungarische Energieversorger MOL
aus dem Projekt aus. Auch die staatliche türkische Botas geht längst eigene
Wege.
Weil die Türkei das kaspische Gas lieber selbst vermarkten will, statt nur
als Transitland zu fungieren, hat die türkische Regierung mit den
zuständigen Stellen in Baku vereinbart, selbst eine transanatolische
Pipeline von Baku nach Istanbul zu bauen und überschüssiges Gas dann an
Westeuropa weiterzuverkaufen.
## Mini-Variante
Bei RWE und dem österreichischen OMV ist deshalb jetzt auch von einer
Mini-Nabucco die Rede, die das Gas von der türkisch-bulgarischen Grenze bis
nach Wien bringen könnte. Doch Russland will neben der 2011
fertiggestellten Nord-Stream-Pipeline auch noch eine Southstream-Pipeline
durch das Schwarze Meer bauen, die ebenfalls kaspisches Gas nach Europa
befördern soll.
Und Russland hat sowohl die Lieferkapazitäten als mit Gazprom auch einen
Energieriesen, der den Bau schneller stemmen kann als das komplizierte
Nabucco-Konsortium. So bleibt für Europa vielleicht nur die Option, sich
durch den Ausbau regenerativer Energien vom fossilen Brennstoff
unabhängiger zu machen.
25 May 2012
## LINKS
[1] /fileadmin/static/pdf/2012-05-25_grafik_nabuccopipeline.pdf
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
South-Stream-Pipeline
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bau der South-Stream-Pipeline: Gas an der Ukraine vorbei
Der Bau der South-Stream-Pipeline durchs Schwarze Meer wird konkret:
Gazprom und der österreichische Konzern OMV unterzeichnen eine
Absichtserklärung.
Einweihung von Ostsee-Gasleitung: Zu Putins Geburtstag eine Pipeline
Kaum ist die umstrittene Ostsee-Gasleitung fertig, will Hauptbetreiber
Gazprom sie erweitern. Zwei weitere Röhren sind in Planung.
Kartellverfahren gegen Gazprom: Die verteilten Märkte im Osten
Die europäische Kommission hat ein Wettbewerbsverfahren gegen den
russischen Konzern Gazprom eingeleitet. Betroffen sind 8 EU-Staaten.
Kommentar Nabucco-Pipeline: Ab jetzt schweigt der Gefangenenchor
Das größte europäische Infrastrukturprojekt, eine gigantische Gaspipeline,
ist gescheitert. Russland hat gewonnen. Damit bleibt Europa in absoluter
Abhängigkeit vom Gasprom.
Nabucco-Plan steht auf der Kippe: Pipeline in Osteuropa gefährdet
Die Nabucco-Pipeline soll umgebaut werden. Das Konsortium erwägt einen
Verlauf von der Türkei bis in die Nähe von Wien. Ungarn möchte anscheinend
aussteigen.
Kommentar Nabucco-Pipeline: Der Hebel gegen Ahmadinedschad
Das mögliche Aus der Nabucco-Pipeline gefährdet nicht die mitteleuropäische
Versorgung mit Erdgas, sondern den Dialog mit dem Iran.
Kosten und Verzögerung: Nabucco-Pipeline gefährdet
Das Konsortium der Pipeline erwägt eine Kurzversion von der Türkei bis nahe
Wien. Ungarn will wohl aussteigen. Hintergrund der Umplanung sind massive
Verzögerungen und Preissteigerungen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.