# taz.de -- Finanzierung von Hochschulen: Mehr Staatsknete für Privatunis? | |
> Der Wissenschaftsrat regt an, dass private Hochschulen künftig vom Staat | |
> noch mehr gefördert werden können. Aus den Bundesländern kommt Protest. | |
Bild: Und vor allem: wer bezahlt? | |
BERLIN taz | Eine private Hochschule, finanziert mit öffentlichen Geldern? | |
Das war bisher schon möglich. Eine private Uni musste sich in erster Linie | |
privat tragen, wurde aber auch mit Staatgeldern finanziert. Diese Förderung | |
sollte ausgebaut werden. Das regt der Wissenschaftsrat an, der die | |
Leistungen privater und kirchlicher Hochschulen analysiert hat. | |
"Man empfehle staatlichen Zuwendungsgebern zu prüfen, ob den | |
nichtstaatlichen gemeinnützigen Hochschulen in Zukunft über die bereits | |
bestehenden Möglichkeiten hinaus die Beteiligung an wettbewerblich | |
orientierten Programmen in Forschung und Lehre eröffnet werden könne", | |
heißt es nach der Frühjahrssitzung des Gremiums. | |
Das Wort des Wissenschaftsrats hat Gewicht. Die dort vertretenen | |
Wissenschaftler werden vom Bundespräsidenten berufen und als unabhänige | |
Politik-Berater für Bund und Ländern hinzugezogen. | |
Bislang galten die privaten Unis lediglich als „Ergänzung“ zu den | |
staatlichen. Der Rat bescheinigt ihnen nun, ein "zunehmend wichtiger" | |
Bestandteil des deutschen Wissenschaftssystems zu sein. | |
Private Hochschulen, so das Ergebnis der Untersuchung, würden innovative | |
Studienformate anbieten und gerade Berufstätigen und Menschen ohne Abitur | |
zum weiteren Bildungserfolg verhelfen. Zudem liege die Abbrecherquote bei | |
nur 7, 8 Prozent – an den staatlichen Unis seien das 21 Prozent der | |
Studierenden. Das liege auch daran, dass das Betreuungsverhältnis an den | |
privaten Hochschulen besser sei. | |
„Alle reden von neuen Studienplätzen und besseren Ausbildungsmöglichkeiten. | |
Die privaten Unis stellen genau das bereit“, sagte Dietmar Goll, | |
Hochschulbeauftragter des Wissenschaftsrates, der taz. Ihre Abschlüsse | |
seien qualitätsgesichert und staatlich anerkannt. „Die bisherigen | |
Möglichkeiten zur Förderung privater Hochschulen sollten geöffnet, die | |
selbstständigen Unis zur Teilnahme an öffentlichen Programmen motiviert | |
werden“, meint Goll weiter. | |
Der Verband der Privaten Hochschulen begrüßt die Entscheidung. „Damit | |
erkennt der Wissenschaftsrat endlich die bildungspolitischen Realitäten in | |
Deutschland an“, sagte der Vorsitzende Klaus Hekking der Financial Times | |
Deutschland. | |
## Den staatlichen Unis nichts wegnehmen | |
Aber es regt sich auch Protest. Einige Bundesländer, unter anderem | |
Mecklenburg-Vorpommern, mussten in den vergangenen Jahren im Bildungssektor | |
herbe Kürzungen vornehmen. Und jetzt sollen private Bildungseinrichtungen | |
zusätzlich Geld bekommen? Mecklenburg-Vorpommerns Wissenschaftsminister | |
Mathias Brodkorb (SPD) sagt der taz, nach derzeitiger Lage ginge das nur, | |
„wenn man den staatlichen Hochschulen etwas wegnähme. Das kommt für mich | |
nicht in Frage.“ | |
Doch staatliche Hochschulen sollen durch den Wissenschaftsrat in keinem | |
Fall benachteiligt werden. „Wir haben nur eine Empfehlung an die | |
staatlichen Geldgeber ausgesprochen, wie nichtstaatlichen gemeinnützigen | |
Hochschulen in Zukunft über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus | |
die Beteiligung an Förderprogrammen eröffnet werden kann“, erklärt Goll die | |
180 Seiten starke Bestandsaufnahme des Wissenschaftsrats. Er weist dabei | |
ausdrücklich auf die geplante Unterstützung gemeinnütziger Einrichtungen | |
hin. Denn bisher würden genau diese zu wenig profitieren. | |
Die Anzahl privater Unis hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt, so | |
dass es zusammen mit den kirchlichen Bildungseinrichtungen mittlerweile 108 | |
nichtstaatliche Hochschulen gibt. Das ist ein knappes Drittel aller | |
Universitäten in der Bundesrepublik. Allein in diesem Jahr sollen noch 15 | |
weitere private Einrichtungen gegründet werden. Die meisten Studiengänge an | |
privaten Hochschulen sind laut dem Wissenschaftsrat | |
wirtschaftswissenschaftliche. Wer genau an den eigenständigen Hochschulen | |
studiert, ist statistisch nicht genau belegt. | |
29 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Gehrke | |
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